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Kirchengericht:Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen
Entscheidungsform:Urteil (nicht rechtskräftig)
Datum:16.04.2010
Aktenzeichen:VK 10/09
Rechtsgrundlage:§§ 26 Abs. 2, 90 DG.EKD; § 10 AGDG.EKD; § 19 Abs. 2 VwGG; § 16 Abs. 5, 18 KBG.EKD
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Amtspflichtverletzung, Disziplinarverfügung, Missbilligung, Personalakte, Rechtsweg, Schulbetrieb, Schulnoten, Schüler, Unterricht (Lehrerverhalten)
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Die zweitinstanzliche Entscheidung des Kirchengerichtshofs der EKD lässt sich online über den Link KGH 0135/17-2011 aufrufen.
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Leitsatz:

  1. Gegen eine schriftliche Missbilligung, in der einer Amtskraft eine Amtspflichtverletzung zur Last gelegt wird, ist im Bereich der Evangelischen Kirche von Westfalen der Rechtsweg zur Verwaltungskammer eröffnet. Für derartige Streitigkeiten ist nicht die Disziplinarkammer zuständig.
  2. Eine schriftliche Missbilligung ist keine Disziplinarverfügung, sondern nach den allgemeinen beamtenrechtlichen Regeln zu beurteilen. Sie steht im Ermessen der zuständigen Behörde.
  3. Äußerungen eines Lehrers in einer Diskussion über Schulnoten im Rahmen einer Unterrichtsstunde, die geeignet sind, Vorgesetzte des Lehrers verächtlich zu machen und Vertrauen in die pflichtgemäße Amtsführung sowie einen geordneten Schulbetrieb zu zerstören, berechtigen zu einer förmlichen schriftlichen Missbilligung als Tadel eines der Ordnung zuwiderlaufenden Verhaltens.
  4. Die zuständigen Stellen sind nicht verpflichtet, dem Lehrer den Namen des Schülers mitzuteilen, der der Schulleitung bzw. der Aufsichtsbehörde das zu missbilligende Verhalten angezeigt hat. Sie sind auch nicht gehalten, das Originalschriftstück der Schülermitteilung zu den Verfahrensakten oder zur Personalakte des Lehrers zu nehmen, sondern können sich darauf beschränken, dem Lehrer nur eine Abschrift ohne den Namen des Schülers zur Kenntnis zu geben.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine ihm gegenüber von der Beklagten erteilte schriftliche Missbilligung seines Verhaltens in einer Unterrichtsstunde.
Der Kläger ist Studienrat im Kirchendienst der Beklagten und war im streitbefangenen Zeitraum an der xxx-Schule als Lehrer in den Fächern ZZZ und Physik eingesetzt. Er ist zur Zeit beurlaubt.
Ein Schüler der Klasse 9 c der xxx-Schule fertigte über den Verlauf der vom Kläger in dieser Klasse am 20.06.2008 erteilten Physikstunde einen schriftlichen, von dem Schüler unterzeichneten Vermerk. Darin ist ausgeführt, dass der Kläger in dieser Unterrichtsstunde im Rahmen einer Notendiskussion mit einem Bericht begonnen habe,
„in welchem er sich als Mobbingopfer unseres ehemaligen Schulleiters und nun Schuldezernenten, YYY, sah. Herr xxx schilderte, wie er vor knapp zehn Jahren die Abiturabschlussfeiern dreier Schulen in einem Artikel miteinander vergleichen sollte. Hierbei schnitt die xxx-Schule äußerst schlecht ab und dies verletzte Herrn YYY sehr, da sich dieser auch aus persönlichen Gründen und negativen Erfahrungen in der eigenen Schulzeit für die xxx-Schule in besonderem Maße verantwortlich fühlte. In den Augen von Herrn YYY war Herr xxx der mit Abstand schlechteste Lehrer und auf Grund des Artikels über die Abiturabschlussfeier organisierte und unterstützte der jetzige Dezernent etliche Elterninitiativen gegen Herrn xxx. Dieser merkte nun zunehmend, dass versucht wurde, ihn als Lehrer kategorisch fertig zu machen. Aus diesem Grunde suchte er 1999 das Gespräch mit Herrn YYY und bot diesem an, die Schule innerhalb der evangelischen Landeskirche zu wechseln. Dies stand für den xxx-Schulleiter jedoch zu keiner Zeit zur Debatte, da er Herrn xxx mit einer kurzen Bemerkung sehr deutlich machte, dass er quasi zur Strafe auch noch die nächsten Jahre den Elterninitiativen und dem geplanten Mobbing ausgesetzt sein sollte. … Einige Gedächtniszitate von Herrn xxx: Und das sage ich euch: 1998 fing alles an! Euer Schuldezernent – ich will den Namen nicht zum dritten Mal nennen – ist für alles das verantwortlich, was hier mit mir passiert! Mobbing von ganz oben!“
Der Schüler übergab seinen Vermerk der Schulleitung der xxx-Schule, die ihn an die Beklagte weiterleitete. Diese übersandte eine Abschrift des Vermerks, allerdings ohne die namentliche Unterschrift des Schülers, mit Schreiben vom 6.8.2008 dem Kläger mit der Aufforderung, zu der Schilderung des Schülers schriftlich Stellung zu nehmen. Der Name des Schülers, der der Beklagten bekannt sei, werde dem Kläger nicht bekannt gegeben, um jegliche Möglichkeit von eventuellen Repressalien gegen diesen Schüler, der laut Stundenverteilung auch im kommenden Schuljahr vom Kläger unterrichtet werde, auszuschließen. Die Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass die geschilderten Äußerungen, sollten sie getätigt worden sein, nach der Auffassung der Beklagten eine Dienstpflichtverletzung des Klägers darstellten und Anlass für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens sein könnten. Der Kläger teilte dazu mit, dass er sich zu anonymen Anschuldigungen nicht äußern werde, und bat die Beklagte um Übersendung des Vermerks des Schülers unter Einschluss der Namensnennung. Der Kläger blieb bei dieser Haltung, auch nachdem die Beklagte ihn darauf hingewiesen hatte, dass sie dann eine Befragung der gesamten Schulklasse nicht werde vermeiden können (Schreiben der Beklagten vom 15.08.2008 und Schreiben des Klägers vom 18.08.2008). Die Schulleiterin der xxx-Schule führte sodann auf Veranlassung der Beklagten am 20.08.2008 zusammen mit der Vorsitzenden der Klassenpflegschaft eine Befragung der gesamten Klasse 9 c zum Verlauf der Physikstunde am 20.06.2008 und zur vorliegenden Schilderung im Vermerk des Schülers durch. Nach dem darüber gefertigten Protokoll, das von der Schulleiterin, der Klassenpflegschaftsvorsitzenden und zwei Schülern als Klassensprecher unterschrieben worden ist, bestätigten die Schülerinnen und Schüler der Klasse den Tatsachengehalt des Vermerks mit einer Ausnahme, dass nämlich die Äußerung des Klägers, YYY habe „quasi zur Strafe“ eine Versetzung abgelehnt, so wörtlich nicht gefallen sei. Die Schülerinnen und Schüler ergänzten laut Protokoll, dass der Kläger außerdem noch berichtet habe, YYY habe dazu aufgerufen, dass sich Eltern gegen ihn wenden, und die Schüler stünden unter dem Einfluss des Dezernenten. Das Protokoll vom 20.08.2008 wurde dem Kläger von der Beklagten mit Schreiben vom 22.09.2008 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme übersandt. Ihm wurde in der Folgezeit auf seinen Antrag hin Akteneinsicht gewährt, wobei ihm der streitbefangene Originalvermerk mit der Unterschrift des Schülers nicht zugänglich gemacht wurde. Der Kläger erklärte, ohne vollständige Akteneinsicht und Vorlage des Originalvermerks mit der Unterschrift des Schülers sei er weder verpflichtet noch bereit, die von ihm erbetene Stellungnahme abzugeben.
Mit Schreiben vom 02.02.2009 sprach die Beklagte dem Kläger gegenüber eine ausdrückliche Missbilligung seines Verhaltens in der Physikstunde der Klasse 9 c am 20.06.2008 und die Erwartung aus, dass er derartige Behauptungen nicht wiederhole. Nach dem Protokoll über die Befragung der Klasse stehe fest, dass er, der Kläger, in der Physikstunde die in der Schilderung des Schülerberichts behaupteten Äußerungen gegen Herrn YYY so getätigt habe, mit Ausnahme der behaupteten Zusatzäußerung, YYY habe „quasi zur Strafe“ eine Versetzung des Klägers abgelehnt. Die Behauptungen und Vorwürfe des Klägers seien geeignet, Herrn YYY verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Sie seien auch unwahr. Der Kläger habe durch seine unwahren Behauptungen seine in § 18 des Kirchenbeamtengesetzes der EKD (KBG.EKD) genannten allgemeinen Dienstpflichten als Kirchenbeamter verletzt und sich gegenüber Herrn YYY ggf. auch in strafrechtlich relevanter Weise (§§ 186,187 StGB) verhalten. Wegen seiner derzeitigen beruflichen Situation, in der er sich im Gespräch mit Herrn YYY bereit erklärt habe, im Rahmen einer Abordnung an die zzz-Z-schule einen pädagogischen Neuanfang zu versuchen, verzichte die Beklagte auf die Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Das Schreiben vom 02.02.2009 werde Bestandteil der Personalakte des Klägers.
Gegen die Missbilligung erhob der Kläger unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens Widerspruch und führte ergänzend aus, dass die Missbilligung schon aus formellen Gründen rechtswidrig sei, da vorher keine förmliche Anhörung erfolgt sei. Dem Kläger wurde während des Widerspruchsverfahrens auf seinen Antrag hin erneut, allerdings nur im bisherigen Umfang, Akteneinsicht gewährt.
Mit Beschluss der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Westfalen vom 28.05.2009 und Widerspruchsbescheid der Kirchenleitung von demselben Tag wurde der Widerspruch des Klägers gegen die Missbilligung als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt: Dem Kläger sei in ausreichender Weise rechtliches Gehör gewährt worden. Name und Unterschrift des Schülers des streitbefangenen Vermerks seien zu Recht aus Gründen des Schutzes des Schülers vor möglichen Repressalien nicht bekannt gegeben worden. Im Übrigen komme es auf die Einzelschilderung des Schülers gar nicht mehr an, nachdem die gesamte Klasse den maßgeblichen Sachverhalt mit Ausnahme einer Korrektur bestätigt habe. Es sei nicht hinzunehmen, dass der Kläger als Lehrer in einer Diskussion mit Schülerinnen und Schülern einer gesamten Klasse, die sich über eine ungerechte Notengebung durch ihn beschwerten, zur Rechtfertigung und Entschuldigung seines Verhaltens unwahre Behauptungen über ein jahrelanges Mobbing durch den Schulleiter bzw. Dezernenten erhebe. Die ausgesprochene Missbilligung dieses Verhaltens sei angemessen und erforderlich, um dem Kläger die Verletzung seiner Dienstpflichten deutlich zu machen und ihn in Zukunft zu einem angemessenen Verhalten seinen Vorgesetzten gegenüber anzuhalten.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Aufhebung der Missbilligung und des Widerspruchsbescheides und die Entfernung sämtlicher Unterlagen dazu aus der Personalakte. Er wiederholt und vertieft seine bisherigen Ausführungen und führt ergänzend aus: Er lege Wert auf die Feststellung, dass die Personalakte unvollständig sei, weil das Original der Schülerbeschwerde fehle. Das Recht auf Akteneinsicht umfasse das Recht, die vollständige Personalakte einzusehen, und zwar im Original. Die Behauptung der Beklagten, ihm, dem Kläger, gehe es nur darum, gegen den Schüler bzw. die Schülerin vorzugehen, sei ebenso falsch wie bösartig. Die sich in den Akten befindende Schülerbeschwerde enthalte weder ein Datum noch eine Unterschrift. Bereits anhand des Satzbaus und der verwandten Wortwahl erscheine es extrem unwahrscheinlich, dass diese von einem Schüler der damaligen Klasse 9 c verfasst worden sei. Zweifel an der Richtigkeit der Ausführungen ergäben sich auch daraus, dass die Schilderung erst sechs Wochen nach dem angeblichen Vorfall vorgelegt worden sei. Es existiere jedoch noch eine weitere Schilderung vom 06.08.2008 des angeblichen Vorfalls aufgrund der Befragung eines (möglicherweise anderen) Schülers. In dieser vom Kläger vorgelegten Schilderung ist u. a. ausgeführt:
„AAA hat eine 3 in Physik bekommen, dies war für alle Schülerinnen und Schüler nicht einsehbar, ...Herr xxx (hat) davon erzählt, dass sich die Schule seit Jahren zusammen mit den Eltern gegen ihn verschworen hat. Der Konflikt begann mit Herrn YYY, als Herr xxx einen Beitrag über unsere Schule in der Zeitung veröffentlichte (ca. 1998), in dem Herr xxx sich „unbewusst negativ“ über die Schule ausgedrückt hat. Dieser Artikel hat Herrn YYY nicht gefallen, weil er besonders pingelig sei, seitdem besteht der Konflikt. Eigentlich wollte Herr xxx im Anschluss an den Konflikt die Schule verlassen, aber Herr YYY hat etwas dagegen gehabt. Jetzt wollen ihn Schule, Eltern und Schüler von der Schule haben, aber er lässt sich das nicht gefallen, er wird an der Schule bleiben. Die Klasse war sehr verwundert, dass Herr xxx solche „unnormalen Äußerungen“ machte.“
Der Kläger trägt weiter vor: Richtig sei, dass er an dem besagten Tag den Schülern Informationen über die mutmaßlichen Zeugnisnoten gegeben habe. Aufgrund des Widerspruchs von einigen Schülern habe er angeboten, sich die zum Fach Physik geführten Schülerhefte nochmals anzuschauen und erst dann endgültig zu entscheiden. Zwei besonders empörte Schüler, darunter AAA hätten das Klassenzimmer verlassen. Er, der Kläger, habe u. a. auch erklärt, dass er momentan persönlich sehr belastet sei, und zwar auch durch zusätzliche Lehrproben, Unterrichtsbesuche und die Konfliktregelung mit der damaligen Klasse 9 b, und es mit dem derzeitigen Schuldezernenten YYY noch aus seiner Zeit als Lehrer der xxx-Schule erhebliche Meinungsverschiedenheiten gebe. Er habe auch geäußert, dass er sich durchaus „gemobbt“ fühle. Eine namentliche Nennung des Schuldezernenten in Bezug auf den Begriff Mobbing habe zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Zum Abschluss der Diskussion habe er die Klasse darauf hingewiesen, dass es ausschließlich seine Sache sei, den Konflikt mit wem auch immer zu lösen.
Der Kläger beantragt,
die Missbilligung der Beklagten vom 02.02.2009 und den Widerspruchsbescheid der Kirchenleitung vom 28.05.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, alle damit zusammenhängenden oder darauf Bezug nehmenden Unterlagen, sei es in Papier- oder elektronischer Form, aus der Personalakte zu entfernen und/oder zu vernichten bzw. zu löschen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihre bisherigen Ausführungen und führt ergänzend aus: Von dem Original der streitigen Schülerbeschwerde sei eine Abschrift gefertigt worden. Diese sei Teil der vorgelegten Personalakte. Das Original sei nicht Gegenstand der Personalakte. Die angefochtene Missbilligung sei rechtmäßig und der Kläger habe keinen Anspruch auf Entfernung der diesbezüglichen Unterlagen aus der Personalakte.
Die der Verwaltungskammer von der Beklagten übersandten Akten sind dem Kläger während des Klageverfahrens vollständig zur Akteneinsicht zur Verfügung gestellt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Gegen eine schriftliche Missbilligung ist der Rechtsweg zur Verwaltungskammer gegeben. Zwar bestimmt § 90 Disziplinargesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (DG.EKD), dass gegen eine schriftliche Missbilligung, in der der Amtskraft eine Amtspflichtverletzung zur Last gelegt wird, die Beschwerde zum Disziplinargericht zulässig ist, sofern gliedkirchliches Recht nichts anderes bestimmt. Gemäß § 10 des westfälischen Ausführungsgesetzes zum DG.EKD findet § 90 DG.EKD im Bereich der Evangelischen Kirche von Westfalen aber keine Anwendung. Die Zulässigkeit des Rechtswegs bestimmt sich daher nach den allgemeinen Rechtswegbestimmungen der §§ 19, 20 des Verwaltungsgerichtsgesetzes (VwGG). Nach dem im Streitfall einschlägigen § 19 Abs. 2 VwGG ist das Verwaltungsgericht – im Bereich der Evangelischen Kirche von Westfalen die Verwaltungskammer – u. a. zuständig für Streitigkeiten aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen zur Kirche. Damit ist der Rechtsweg zur Verwaltungskammer eröffnet und die Verwaltungskammer funktional zuständig, denn auch nach allgemeinem Verwaltungsrecht gehören Klagen gegen Missbilligungen ohne Disziplinarcharakter vor die allgemeinen Spruchkörper der Verwaltungsgerichte und nicht vor die Disziplinarkammer (vgl.: Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil vom 22.10.2008 1 K 292/07, Juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen – OVG NRW – , Beschluss vom 17.03.1967 – W 8/63 – OVGE 23, 118; Eyermann, VwGO, § 40 Rdn. 168 a).
Die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Klage, insbesondere ein erfolglos durchgeführtes Vorverfahren, sind gegeben.
Die Klage ist aber unbegründet.
Die angefochtene Missbilligung vom 02.02.2009 des Verhaltens des Klägers durch die Beklagte und der Widerspruchsbescheid vom 28.05.2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Beklagte hat in den angefochtenen Entscheidungen dargetan, dass sie wegen der streitigen Vorfälle auf ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger verzichte und stattdessen nur eine Missbilligung ausspreche. Nach § 26 Abs. 2 DG.EKD ist eine Missbilligung einer zum Erlass einer Disziplinarverfügung berechtigten Stelle keine Disziplinarverfügung, wenn sie nicht ausdrücklich als Verweis bezeichnet wird. Die streitige Missbilligung ist damit nach beamtenrechtlichen Regeln zu beurteilen. Ermächtigungsgrundlage ist die einem Vorgesetzten allgemein beamtenrechtlich kraft des hierarchischen Prinzips zukommende Leitungs-, Aufsichts- und Weisungsbefugnis, die ihm das Recht gibt und ihn nach Lage der Dinge auch verpflichtet, kritisch missbilligend gegen unterstellte Beamte einzuschreiten. Die Missbilligung ist als gemilderter Tadel eines der Ordnung zuwiderlaufenden Verhaltens zu verstehen, das spezial- und/oder generalpräventiven Zwecken dient. Danach handelt es sich um ein außerdisziplinarrechtliches pädagogisches Mittel, das Dienstvorgesetzte besitzen, um auf ein dienstlich zu beanstandendes, nicht notwendig schon ein Dienstvergehen darstellendes Verhalten angemessen reagieren zu können. Nicht jeder Bagatellverstoß gegen Dienstpflichten stellt schon ein disziplinarrechtlich relevantes Dienstvergehen dar, weil dies ein entsprechendes disziplinarisches Gewicht der Dienstpflichtverletzung voraussetzt. Die gerichtliche Überprüfung einer so gegenüber der Ahndung eines Dienstvergehens abzugrenzenden Missbilligung ist im Wesentlichen darauf beschränkt, ob eine Dienstpflichtverletzung - von welchem Gewicht auch immer - vorliegt. Denn der Erlass einer Missbilligung stellt eine Ermessensentscheidung dar, die gerichtlich nur eingeschränkt, nämlich dahin überprüfbar ist, ob der gesetzliche Rahmen verkannt, ob ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt wurden. Anders als bei der Überprüfung von Disziplinarverfügungen prüft das Gericht bei den ausdrücklich dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren unterstellten Missbilligungen nur die Rechtmäßigkeit und nicht auch die Zweckmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung (vgl.: Verwaltungsgericht Münster, Urteil vom 16.10.2009 4 K 1765/08; Rechtsdatenbank justiz.nrw.de/nrwe, mit weiteren Nachweisen).
Davon ausgehend ist die angegriffene Missbilligung nicht zu beanstanden.
Die Beklagte ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass das Verhalten und die Äußerungen des Klägers in der Physikstunde am 20.06.2008 nicht mit den Pflichten des Klägers aus § 18 KBG.EKD in Einklang stehe. Nach § 18 KBG.EKD haben Kirchenbeamtinnen und Kirchenbeamte ihren Dienst in Bindung an Schrift und Bekenntnis und nach den Ordnungen der Kirche auszuüben. Sie haben die ihnen obliegenden Pflichten mit voller Hingabe, treu, uneigennützig und gewissenhaft zu erfüllen. Sie haben sich innerhalb und außerhalb des Dienstes so zu verhalten, dass das Vertrauen in ihre pflichtgemäße Amtsführung gewahrt und die Glaubwürdigkeit der Wahrnehmung des kirchlichen Auftrages nicht beeinträchtigt wird.
Die Beklagte durfte aufgrund des ihr zugeleiteten Vermerks des Schülers, jedenfalls aber nach der Befragung der gesamten Klasse der xxxx-Schule und des der Beklagten darüber zugeleiteten Protokolls vom 20.08.2008 als feststehend davon ausgehen, dass die im Vermerk in der Fassung des Protokolls vom 20.08.2008 festgehaltenen Äußerungen vom Kläger so wie in den beiden Schriftstücken ausgeführt gemacht worden sind und auch der Verlauf der Physikstunde wie geschildert abgelaufen ist. Dagegen kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, die Schülerbeschwerde sei ebenso falsch wie bösartig und anhand des Satzbaus und der verwandten Wortwahl erscheine es extrem unwahrscheinlich, dass diese von einem Schüler der damaligen Klasse 9 c verfasst worden sei. Diese Ausführungen sind schon zu vage und unbestimmt, um ernstliche Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Schilderung zu begründen. Unabhängig davon wurde der Tatsachengehalt des Vermerks aber am 20.08.2008 durch die Befragung der Schülerinnen und Schüler der Klasse 9 c mit einer Ausnahme, dass nämlich die Äußerung des Klägers, YYY habe „quasi zur Strafe“ eine Versetzung abgelehnt, so wörtlich nicht gefallen sei, bestätigt. Im Übrigen sind die Voraussetzungen für die streitige Missbilligung auch aufgrund des eigenen Vorbringens des Klägers gegeben. Auch aus der vom Kläger selbst vorgelegten Schilderung eines Schülers ergibt sich nämlich ein Fehlverhalten des Klägers, das die Beklagte zur Missbilligung berechtigte. Auch nach der vom Kläger vorgelegten Schülerbeschwerde hat der Kläger im Rahmen einer Notendiskussion nämlich davon erzählt, dass sich die Schule seit Jahren zusammen mit den Eltern gegen ihn verschworen habe. Der Konflikt habe mit YYY begonnen, als der Kläger einen Beitrag über die Schule in der Zeitung veröffentlicht habe (ca. 1998), in dem der Kläger sich „unbewusst negativ“ über die Schule ausgedrückt habe. Dieser Artikel habe Herrn YYY nicht gefallen, weil er besonders pingelig sei. Seitdem bestehe der Konflikt. Eigentlich habe der Kläger im Anschluss an den Konflikt die Schule verlassen wollen, aber Herr YYY hat etwas dagegen gehabt. Jetzt wollten ihn Schule, Eltern und Schüler von der Schule haben, aber er lasse sich das nicht gefallen, er werde an der Schule bleiben. Diese laut Schülervermerk „unnormalen Äußerungen“ waren geeignet, den Vorgesetzten des Klägers verächtlich zu machen und Vertrauen in die pflichtgemäße Amtsführung und einen geordneten Schulbetrieb zu zerstören.
Den maßgeblichen Inhalt des Vermerks und des Protokolls zur Grundlage seiner Missbilligungsentscheidung zu machen war die Beklagte nicht deswegen gehindert, weil sie den Namen des Schülers, der den Vermerk verfasst hat, nicht dem Kläger bekannt gegeben oder ihm nicht den Originalvermerk mit dem Namen und der Unterschrift des Schülers zur Einsicht zur Verfügung gestellt hat. Dazu war die Beklagte aus den von ihr dargelegten Gründen zum Schutz des Schülers, nämlich um jegliche Möglichkeit von eventuellen Repressalien gegen diesen Schüler auszuschließen, der laut Stundenverteilung auch im kommenden Schuljahr vom Kläger unterrichtet werde, nicht verpflichtet. Dadurch, dass dem Kläger der Text des Vermerks von der Beklagten übersandt worden war, war der Kläger von Anfang an nicht gehindert, sich zu dem Inhalt und damit zu dem vorgehaltenen Fehlverhalten in der Sache zu äußern. Eine Preisgabe des Namens des Schülers war jedenfalls entbehrlich, nachdem der entscheidungserhebliche Sachverhalt durch die Befragung der gesamten Klasse ermittelt und bestätigt war. Damit war unabhängig von dem Schüler, der den Vermerk gefertigt hatte, durch Anhörung weiterer Personen, nämlich der Schüler der Klasse 9 c, das dem Kläger vorgehaltene und missbilligte Verhalten festgestellt und nachgewiesen. Zudem hat die Beklagte auch im angefochtenen Widerspruchsbescheid zutreffend darauf hingewiesen, dass auch anonym erhobene Beschwerden durchaus Anlass für Ermittlungen des Dienstherrn geben können. Der Kläger kann der Rechtmäßigkeit nach alledem somit nicht entgegenhalten, die angefochtenen Entscheidungen seien rechtswidrig, weil ihm der Name des Schülers nicht mitgeteilt bzw. er nicht den Originalvermerk zur Kenntnis bekommen habe. Der Kläger kann in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg rügen, in seinem Akteneinsichtsrecht verletzt worden zu sein. Ihm ist in die Verwaltungsvorgänge wiederholt Akteneinsicht gewährt worden. Auf Einsichtnahme in den Originalvermerk des Schülers hat er aus den dargelegten Gründen keinen Anspruch, wobei dahingestellt bleiben kann, ob es an einem derartigen Anspruch auch schon deswegen mangelt, weil der Originalvermerk nach den Ausführungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gar nicht Teil der Personalakte des Klägers ist.
Die Beklagte ist rechtsfehlerfrei zu der Bewertung gekommen, dass die Äußerungen des Klägers und sein Verhalten in der Physikstunde am 20.06.2008 geeignet waren, seinen Vorgesetzten, YYY, verächtlich zu machen und herabzuwürdigen. Zutreffend ist im Widerspruchsbescheid auch ausgeführt, dass es nicht hinzunehmen sei, dass der Kläger als Lehrer in einer Diskussion mit Schülerinnen und Schülern einer gesamten Klasse, die sich über eine ungerechte Notengebung durch ihn beschwerten, zur Rechtfertigung und Entschuldigung seines Verhaltens unwahre Behauptungen über ein jahrelanges Mobbing durch den Schulleiter bzw. Dezernenten erhebe. In dem Verhalten des Klägers hat die Beklagte zu Recht eine Dienstpflichtverletzung des Klägers gesehen. Der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule und damit auch des Klägers ist in Artikel 7 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen und § 2 des Schulgesetzes von Nordrhein-Westfalen geregelt. Danach sollen die Schülerinnen und Schüler u. a. zur Duldsamkeit und zur Achtung vor der Überzeugung und Meinung des anderen erzogen werden. Persönlichkeitsherabwürdigende Äußerungen eines Lehrers der hier zu beurteilenden Art über seinen Dienstvorgesetzten sind mit dem beschriebenen Erziehungsauftrag nicht vereinbar. Sie sind vielmehr geeignet, Vertrauen in die pflichtgemäße Amtsführung zu zerstören und die Glaubwürdigkeit des kirchlichen Auftrags zu beeinträchtigen.
Die aufgrund der festgestellten Dienstpflichtverletzung ausgesprochene Missbilligung dieses Verhaltens ist ermessensfehlerfrei ergangen und ist auch verhältnismäßig. Rechtlich fehlerfrei hat die Beklagte in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid insoweit ausgeführt, die ausgesprochene Missbilligung sei angemessen und erforderlich, um dem Kläger die Verletzung seiner Dienstpflichten deutlich zu machen und ihn in Zukunft zu einem angemessenen Verhalten seinen Vorgesetzten gegenüber anzuhalten.
Der Kläger hat, weil die Missbilligung rechtmäßig ist, (zur Zeit) auch keinen Anspruch auf Entfernung, Vernichtung oder Löschung der mit der Missbilligung zusammenhängenden oder darauf Bezug nehmenden Unterlagen aus der Personalakte. Nach § 16 Abs. 5 Nr. 1 KBG.EKD sind Unterlagen über Beschwerden, Behauptungen und Bewertungen nur dann unverzüglich aus der Personalakte zu entfernen und zu vernichten, falls sie sich als unbegründet oder falsch erwiesen haben. Nach § 16 Abs. 5 Nr. 2 KBG.EKD sind sie, wenn sie für die Kirchenbeamtin oder den Kirchenbeamten ungünstig sind oder ihm nachteilig werden können, auf eigenen Antrag (erst) nach drei Jahren zu entfernen und zu vernichten. Diese Frist ist (noch) nicht abgelaufen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 66 Abs. 1 VwGG.