.
Kirchengericht:Schlichtungsstelle nach dem MVG der Evangelischen Kirche von Westfalen (2. Kammer)
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:01.07.2010
Aktenzeichen:2 M 28/10
Rechtsgrundlage:§ 14 Abs. 1 MVG.EKD; § 9 Abs. 2 Ziffer 3 MVWahlO.EKD
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Briefwahl, Mitarbeitervertretung Wahlen, Wahlen
#

Leitsatz:

Unterfrankierte Rückumschläge bei Briefwahlunterlagen einer MAV-Wahl können eine Wahlanfechtung rechtfertigen, es sei denn, dass wegen der geringen Gewichtsüberschreitung offensichtlich keine Beanstandung durch die Post erfolgt ist und daher die Rückumschläge mit den Stimmzetteln, sofern sie von den Wahlberechtigten abgesandt wurden, alle beim Wahlvorstand eingingen.

Tenor:

Der Wahlanfechtungsantrag der Dienststellenleitung wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.
Die Dienststellenleitung ficht die Mitarbeitervertretungswahl vom 23./25.03.2010 an, weil die den Briefwahlunterlagen beigefügten Freiumschläge nicht ausreichend frankiert waren.
Nachdem bereits im Februar 2010 der erste Anlauf für eine MAV-Wahl für die neustrukturierte Dienststellenleitung xxx abgebrochen worden war, fanden am 23. und 25.03.2010 für ca. 3.400 wahlberechtigte Mitarbeitende MAV-Wahlen statt. Circa 1.000 Wahlberechtigte hatten Briefwahlanträge gestellt. Die den Wahlunterlagen beigefügten Freiumschläge waren unterfrankiert, weil das Gewicht der mit Stimmzettel und weiteren Unterlagen gefüllten Umschläge um zwei bis drei Gramm über dem Limit für Briefporto lag. Der Wahlvorstand bekam hiervon am 17.03.2010 Kenntnis, nachdem die Briefwahlunterlagen bereits versandt worden waren. Er schickte am 18.03.2010 ein Informationsschreiben an die betroffenen Einrichtungen, in dem u. a. daraufhingewiesen wurde, dass bereits die ersten Rückläufe unbeanstandet beim Wahlvorstand eingegangen seien und für ein eventuelles Nachporto der Wahlvorstand aufkomme. Letztlich gingen 709 Briefwahlrückläufe beim Wahlvorstand ein, ohne dass Nachporto fällig wurde oder sich Mitarbeitende gemeldet hätten, an die die Freiumschläge wegen Unterfrankierung von der Post zurückgesandt wurden.
Das Wahlergebnis wurde am 25.03.2010 ermittelt und vom Wahlvorstand am 26.03.2010 bekannt gegeben. Es waren 19 MAV-Mitglieder zu wählen. Auf die drei letzten MAV-Mitglieder entfielen jeweils 207 Stimmen. Die nächsten drei Nachrücker erhielten 204, 195 bzw. 194 Stimmen.
Die Dienststellenleitung reichte am 09.04.2010 die vorliegende Wahlanfechtung bei der Schlichtungsstelle ein. Sie vertritt die Meinung, dass die Unterfrankierung der Freiumschläge zu einer Verfälschung des Wahlergebnisses geführt habe, weil zu vermuten sei, dass ein Teil der Freiumschläge an die briefwahlberechtigten Absender zurückgegangen sei und deshalb keine Stimmabgabe erfolgte. Darauf deute die erhebliche Differenz zwischen den angeforderten Briefwahlunterlagen und den eingegangenen Stimmzetteln hin. Angesichts der geringen Stimmendifferenz der drei letzten ermittelten MAV-Mitglieder und den nächsten drei Nachrückern sei zu vermuten, dass das Wahlergebnis bei ordnungsgemäßer Handhabung der Wahl anders ausgefallen wäre. Bezeichnend sei in diesem Zusammenhang, dass vier Wahlberechtigte der Dienststellenleitung mitgeteilt hätten, sie hätten u. a. wegen der Unklarheiten bei der Frankierung der Freiumschläge ihre Stimme nicht abgegeben. Die Namen dieser Mitarbeitenden könnten aber nicht genannt werden.
Die Dienststellenleitung beantragt, das Ergebnis der Mitarbeitervertretungswahl vom 23.03. und 25.03.2010 für ungültig zu erklären.
Die Mitarbeitervertretung beantragt die Zurückweisung der Wahlanfechtung. Sie meint, dass die Unterfrankierung der Freiumschläge zu keiner Verfälschung des Wahlergebnisses geführt habe. Die von der Dienststellenleitung betonte Differenz zwischen der Zahl der ausgehändigten Briefwahlunterlagen und der Zahl der eingegangenen Briefwahlstimmzettel sei kein Indiz dafür, dass Briefwahlberechtigte sich durch die Unterfrankierung des Freiumschlages daran gehindert gesehen hätten, ihre Stimme abzugeben. Denn derartige Differenzen seien durchaus üblich, wie Beispiele aus anderen Stiftungsbereichen zeigten. Fest stehe auch, dass keiner der Briefwahlberechtigten sich wegen eines von der Post veranlassten Rücklaufs des unterfrankierten Freiumschlags gemeldet habe. Darüber hinaus sei durch die Information vom 18.03.2010 allen interessierten Briefwahlberechtigten bekannt gewesen, dass sie trotz der Unterfrankierung des Freiumschlags ihre Stimme abgeben konnten.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die eingegangenen Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.
II.
Die nach § 14 Abs. 1 MVG.EKD zulässige Wahlanfechtung durch die Dienststellenleitung ist unbegründet und war daher zurückzuweisen. Denn das Ergebnis der Wahlen vom 23. und 25.03.2010 ist nach der Überzeugung der Schlichtungsstelle durch die Unterfrankierung der Briefwahlrückumschläge nicht verfälscht worden.
Zwar ist die Unterfrankierung ein Verstoß gegen wesentliche Bestimmungen über das Wahlverfahren im Sinne von § 14 Abs. 1 MVG.EKD. Denn nach § 9 Abs. 2 Ziff. 3 WahlO müssen die Briefwahlunterlagen einen Freiumschlag für die Rücksendung der ausgefüllten Stimmzettel enthalten. Da im vorliegenden Fall die Rückumschläge objektiv unterfrankiert waren, konnten sie nicht als Freiumschläge im Sinne der Wahlordnung gelten. Der Verstoß gegen die postalische Gebührenordnung lag aber offenbar an einem solchen Grenzbereich, dass eine Beanstandung durch die Post nicht erfolgte und daher eine störungsfreie Rückbeförderung der Wahlumschläge stattfand. Dies belegt einerseits der Rücklauf von 709 Stimmzetteln und andererseits der Umstand, dass eine Rücksendung der Freiumschläge an die Briefwahlberechtigten offensichtlich nicht stattgefunden hat. Nicht einer der Wahlberechtigten hat sich deswegen beim Wahlvorstand gemeldet, obwohl alle interessierten Briefwahlberechtigten durch das Schreiben des Wahlvorstands vom 18.03.2010 über die Problematik informiert waren.
Unter diesen Umständen ist die von der Dienststellenleitung betonte Differenz zwischen der Zahl der ausgehändigten Briefwahlunterlagen und den Rückläufen in keiner Weise signifikant. Dass solche zum Teil erhebliche Differenzen immer wieder festzustellen sind, hat die Mitarbeitervertretung beispielhaft dargelegt.
Soweit von der Dienststellenleitung angegeben wird, dass ihr vier Mitarbeitende bekannt seien, die ihre Briefwahlstimme wegen der Unterfrankierung nicht abgegeben hätten, konnte die Schlichtungsstelle dem nicht nachgehen, weil Namen und nähere Umstände nicht genannt wurden. Beide Beteiligten räumten überdies ein, dass die Wahl - zumal nach der abgebrochenen Wahl vom Februar 2010 - mit Turbulenzen verbunden gewesen sei, was möglicherweise eine gewisse Wahlmüdigkeit bei den Briefwahlantragstellern erklären könnte. Für die Schlichtungsstelle steht daher letztlich fest, dass der zunächst festzustellende Verstoß gegen das Freiumschlagsgebot durch die Handhabung bei der Post behoben worden ist und deshalb das Wahlergebnis weder beeinflusst noch geändert wurde.