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Hygiene-Richtlinien
für die Anlage und Erweiterung
von Begräbnisplätzen

Runderlass des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales
Vom 21. August 1979

(MBl. NW 1979 S. 1724)

geändert durch Runderlasse vom 25. Oktober 1979 (MBl. NRW 1979 S. 2258), 23. März 1983 (MBl. NRW 1983 S. 541) und 7. Februar 2001 (MBl. NRW 2001 S. 402)

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Zur Verhütung von Infektionskrankheiten bei Menschen weise ich unter Bezug auf § 1 und § 16 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes vom 20. Juli 2000 (BGBl. I. S. 1045) sowie auf § 34 Wasserhaushaltsgesetz – WHG in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1996 (BGBl. I. S. 1695), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Mai 2000 (BGBl. I. S. 632), für die gutachterliche Stellungnahme der unteren Gesundheitsbehörde nach § 17 Abs. 1 Nr. 14 in Verbindung mit § 19 des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGDG) vom 17. Dezember 1997 (GV. NRW. S. 431) auf Folgendes hin:1#
1.
Begräbnisplätze (Friedhöfe)
1.1.
Begräbnisplätze (Friedhöfe) sind so anzulegen, dass durch sie keine Schäden oder Nachteile für die menschliche Gesundheit oder für das menschliche Wohlbefinden entstehen können.
1.2.
Vor allem muss verhindert werden, dass es zu Geruchsbelästigungen kommt und dass Zersetzungsprodukte oder Krankheitserreger durch Versickerung in den Untergrund oder auf sonstige Weise (Verschleppung durch Ratten, Insekten usw.) zu einer Verunreinigung des Grundwassers oder eines oberirdischen Gewässers führen können.
1.3.
2#Der gutachtlichen Äußerung der unteren Gesundheitsbehörde hat eine Stellungnahme der zuständigen Wasserbehörde und das Ergebnis einer geologischbodenkundlichen Untersuchung durch den Geologischen Dienst Nordrhein-Westfalen – Landesbetrieb zu Grunde zu liegen. In Überschwemmungsgebieten ist für die Anlage und Erweiterung von Begräbnisplätzen eine zusätzliche wasserrechtliche Genehmigung erforderlich.
1.4.
3#Gegenüber Nachbargrundstücken sind Friedhöfe durch Bäume, wintergrüne Hecken oder Sträucher oder Mauern hinreichend gegen Sicht abzuschirmen.
2.
Bodenbeschaffenheit
2.1.
Der Boden von Begräbnisplätzen muss die für eine Zersetzung von Leichen durch Verwesen erforderlichen Voraussetzungen erfüllen. Er muss daher in der Zersetzungszone und darüber bis zur Erdoberfläche hinreichend wasser- und luftdurchlässig sein. Diese Eigenschaften muss der Boden auf dem ganzen Grundstück des Friedhofes und in seiner näheren Umgebung besitzen.
2.2.
Die Erdschicht über der Zersetzungszone muss wenigstens 0,90 in mächtig sein. Sie darf keine zu weiten Hohlräume (z. B. zwischen Steinschüttungen) enthalten.
2.3.
Die Erdschicht unter der Zersetzungszone muss geeignet sein, die Zersetzungsstoffe der Leichen bis zum Zerfall in anorganische Stoffe vom Grundwasser zurückzuhalten.
2.4.
Zwischen Grabsohle und höchstem Grundwasserstand muss eine Filterschicht von mindestens 0,70 in vorhanden sein, die in der Lage ist, alle bei der Zersetzung der organischen Substanz frei werdenden Stoffe, von denen eine Beeinträchtigung des Grundwassers zu besorgen ist, zu binden. Wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, muss das Gelände mit geeignetem Bodenmaterial um die fehlende Höhe aufgefüllt oder der Grundwasserspiegel abgesenkt werden.
2.5.
Die Boden- und Wasserverhältnisse werden in Schürfgruben von mindestens 2,50 in Tiefe an sachverständig ausgewählten Stellen des Platzes geprüft, soweit nicht anstehendes festes Gestein bzw. austretendes Wasser das Ausheben der Gruben bis zu dieser Tiefe verhindert.
3.
Wasserverhältnisse
3.1.
Grundwasser darf weder ständig noch zeitweise höher als 0,70 in unter Grabsohle auftreten.
3.2.
Grundwasser, Stauwasser oder Sickerwasser darf nach Kontakt mit der Zersetzungszone keine Entnahmestellen von Trink- oder Betriebswasser erreichen, wenn nicht sichergestellt ist, dass auf seinem Weg durch den Boden eine ausreichende Filterung erfolgt und alle Schadstoffe abgebaut werden.
3.3.
4#Die Entfernung von einem Begräbnisplatz bis zum nächsten Brunnen soll mindestens 100 in betragen. Geringere Abstände können im Einzelfall im Einvernehmen mit der zuständigen Wasserbehörde zugelassen werden, die – wenn sie untere Wasserbehörde ist – die Stellungnahme des zuständigen staatlichen Umweltamts herbeizuführen hat.
3.4.
Die Neuanlage von Begräbnisplätzen oder eine erhebliche Erweiterung vorhandener Begräbnisplätze in den für Grundwasserwerke ausgewiesenen Schutzzonen I, II und III bzw. III A ist nicht zulässig (siehe auch Nr. 5.1.2 Buchst. q der mit RdErl. d. Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten v. 25.4.1975 (SMBl. NW 770) eingeführten DVGW-Richtlinien für Grundwasser, Arbeitsblatt W 101). Begräbnisplätze in den für Trinkwassertalsperren ausgewiesenen Schutzzonen I und II sind nicht zulässig (siehe auch Nr. 5.2.2 Buchst. f der mit RdErl. d. Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten v. 25.4.1975 eingeführten DVGW-Richtlinien für Trinkwassertalsperren, Arbeitsblatt W 102).
3.5.
Böden, in denen die Versickerung des Niederschlagswassers deutlich gehemmt ist und in denen zeitweilige Staunässe höher als 0,70 m unter Grabsohle auftritt, sind für Friedhofszwecke grundsätzlich ungeeignet.
3.6.
Ist die Anlage eines Begräbnisplatzes innerhalb eines Geländes, in dem Grundwasser oder Staunässe auftritt (siehe 3.1 und 3.5) unvermeidlich, so ist das überschüssige Wasser durch geeignete Maßnahmen abzuleiten. Dabei ist die unschädliche Ableitung dieses Wassers besonders zu sichern.
3.7.
Wird im Laufe der Benutzung eines Geländes als Begräbnisplatz die Ableitung von überschüssigem Wasser nachträglich notwendig, so ist auf die unschädliche Ableitung des aufgefangenen Wassers besonders zu achten.
3.8.
Dem Friedhof zufließendes Wasser ist abzufahren, bevor es diesen erreicht hat.
3.9.
Rohrnetze von Wasserversorgungen dürfen Friedhöfe nicht durchschneiden oder in deren unmittelbarer Nähe vorbeigeführt werden. Das gilt nicht für Anschlussleitungen, die die Friedhofsanlagen versorgen.
4.
Grabstätten
4.1.
Grabstätten müssen so tief angelegt sein, dass nach der Zuschüttung des Grabes Zersetzungsprodukte nicht an die Erdoberfläche treten können.
4.2.
Bei felsigem Untergrund kann die mangelnde Tiefe der einzelnen Grabstätte nicht durch eine überhöhte Aufschüttung, des Grabhügels ausgeglichen werden. Bei dieser Bodenbeschaffenheit ist vielmehr der Begräbnisplatz insgesamt durch Erdaufschüttungen zu erhöhen oder durch andere geeignete Maßnahmen in einen entsprechenden Zustand zu versetzen.
4.3.
Die Fläche des Einzelgrabes ist genügend groß zu bemessen. Als Mindestfläche der Gräber sind für Erwachsene 2,10 m Länge und 0,90 m Breite, für Kinder unter fünf Jahren 1,20 m Länge und 0,60 m Breite anzusetzen.
4.4.
Der Abstand zwischen zwei Einzelgräbern muss mindestens 0,30 m betragen.
4.5.
Die Grabtiefe soll grundsätzlich 1,80 m betragen. Für die Leichen von Kindern unter fünf Jahren ist eine Tiefe von 1,40 m ausreichend.
4.6.
Sofern durch besondere Verhältnisse eine Verringerung der Grabtiefe erforderlich wird, ist hierzu die hygienische Unbedenklichkeit darzulegen.
4.7.
Bei Doppelbelegungen (Tiefbestattungen) sind die für die Zersetzung von Leichen durch Verwesung geltenden Richtlinien5# sinngemäß anzuwenden. Zwischen Bodenoberfläche und höchstem Grundwasserstand ist ein Abstand von mind. 3,40 m erforderlich.
4.8.
Grabfelder für Kinder bis zu fünf Jahren sollen wegen der unterschiedlichen Grabtiefen getrennt von den Grabfeldern für Erwachsene angelegt werden.
4.9.
Gemauerte Gruftanlagen, in denen Särge ohne Erdbedeckung abgestellt werden, sind im Allgemeinen nicht mehr zuzulassen.
5.
Ruhefristen
5.1.
Die Mindest- und Höchstzeiten der Ruhefristen sind für jede Friedhofsanlage unter Berücksichtigung der Boden- und Grundwasserverhältnisse festzulegen.
5.2.
Dabei ist von einem Turnus von 25 bis 50 Jahren auszugehen. Für Leichen von Personen unter fünf Jahren werden im Allgemeinen 25 Jahre, im Übrigen 30 Jahre als Mindestzeiten anzusetzen sein.
5.3.
Die Mindestfristen dürfen nur verkürzt werden, wenn die Bodenverhältnisse für die Verwesung besonders günstig sind.
5.4.
6#Sollen die Fristen auf Grund besonderer Verhältnisse verkürzt werden, so ist in dem Gutachten der unteren Gesundheitsbehörde zu belegen, dass bei der Wiederöffnung von Gräbern tatsächliche Feststellungen über die vollständige Verwesung bis auf Knochenreste erhoben wurden.
6.
Leichenhallen
6.1.
7#Die untere Gesundheitsbehörde wirkt darauf hin, dass jede Friedhofsanlage mit einer Leichenhalle ausgestattet ist.
6.2.
Neubauten von Leichenhallen sind an einer von der Anfahrtsstraße her zugänglichen Stelle zu errichten.
6.3.
In Leichenhallen soll außer dem Raum für die Aufbahrungen ein. Raum für die Vornahme der Leichenschau und bei größeren Friedhöfen auch von Obduktionen vorhanden sein. Ein Raum, in dem Leichenöffnungen durchgeführt werden, muss mit einer Wasserzapfstelle und mit Einrichtungen für die ordnungsgemäße Abführung des Abwassers ausgestattet sein.
6.4.
Leichenkammern sollen nach Norden gelegen sein. Die Leichenhallen größerer Friedhöfe sollen einen Kühlraum besitzen.
6.5.
Der Fußbodenbelag aller Räume einer Leichenhalle muss fugendicht sein, die Wände sollen abwaschbar und desinfektionsbeständig sein. Türen und Fenster sollen dicht schließen.
6.6.
Wenn die Leichenhalle einen Warteraum für Besucher oder einen Obduktionsraum besitzt, sind Abortanlagen vorzusehen, die mit Handwaschbecken auszustatten sind.
7.
Abraumplatz
Für Laub, Kränze und anderen pflanzlichen Abfall ist an geeigneter Stelle ein gesonderter Abraumplatz mit Abfahrmöglichkeiten vorzusehen. Für größere Friedhofsanlagen kann eine Verbrennungsanlage für solche Abfälle zweckmäßig sein.
8.
Toiletten
Jede Friedhofsanlage soll mit einer öffentlichen Toilettenanlage ausgestattet sein.

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1 ↑ Einleitungssatz neu gefasst durch Runderlass vom 7. Februar 2001 (MBl. NRW 2001 S. 402).
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2 ↑ Ziffer 1.3 geändert durch Runderlass vom 7. Februar 2001 (MBl. NRW 2001 S. 402).
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3 ↑ Einleitungssatz neu gefasst durch Runderlass vom 7. Februar 2001 (MBl. NRW 2001 S. 402).
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4 ↑ Ziffer 3.3 geändert durch Runderlass vom 7. Februar 2001 (MBl. NRW 2001 S. 402).
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5 ↑ Amtliche Anmerkung: Vgl. Steensberg 1. „Hygienische Forderungen an Friedhöfe“, Bundesgesundheitsblatt Nr. 17/1972, S. 241 – 248
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6 ↑ Ziffer 5.4 geändert durch Runderlass vom 7. Februar 2001 (MBl. NRW 2001 S. 402).
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7 ↑ Ziffer 6.1 wurde neu gefasst durch Runderlass vom 7. Februar 2001 (MBl. NRW 2001 S. 402).