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Kirchengericht:Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen
Entscheidungsform:Urteil (nicht rechtskräftig – siehe Urteil des VGH 7/99)
Datum:29.06.1999
Aktenzeichen:VK 9/98
Rechtsgrundlage:VDAufnVO
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Vorbereitungsdienst, Aufnahme in den Vorbereitungsdienst, Zusage, Feststellungsinteresse
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Die zweitinstanzliche Entscheidung lässt sich online über den Link VGH 7/99 aufrufen.
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Leitsatz:

Zur Aufnahme in den Vorbereitungsdienst

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
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Tatbestand:

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Aufnahme in den kirchlichen Vorbereitungsdienst.
Er hat am … 1995 vor dem Theologischen Prüfungsamt der Evangelischen Kirche von Westfalen die Erste Theologische Prüfung abgelegt und mit dem Gesamtergebnis „ausreichend“ bestanden (Durchschnittszahl 3,76). Da nicht alle Absolventen in den Vorbereitungsdienst aufgenommen werden konnten, erklärte sich der Kläger mit einer Wartezeit von drei Jahren einverstanden. Er wurde in die Liste der „auf das Vikariat Wartenden“ aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt galt die Verordnung für die Aufnahme in den kirchlichen Vorbereitungsdienst (VDAufnVO) vom 23.02.1995, die vor allem auf das Lebensalter und die Wartezeit des Bewerbers abstellte.
Der Kläger, der zwischenzeitlich ein Studium der Sozialarbeit aufgenommen hatte, beantragte mit Schreiben vom 27.03.1998 die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst zum 01.09.1998. Mit Wirkung vom 01.01.1998 war die Verordnung über die Aufnahme in den kirchlichen Vorbereitungsdienst vom 10.12.1997 (KABl. 1998 S. 1) in Kraft getreten, die im Gegensatz zu den vorangegangenen Verordnungen vom 23.02.1995 und vom 01.04.1997 im Hinblick auf die veränderte Finanzsituation der Evangelischen Kirche von Westfalen nicht nur eine Veränderung der Aufnahmekapazität, sondern auch neue Kriterien für das Auswahlverfahren zum Inhalt hatte. Nunmehr war die Examensnote entscheidend für die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst, während der Wartezeit nur eine untergeordnete Rolle zukam. Aufgrund dieser neuen Rechtslage wurde die Bewerbung des Klägers für den Herbsttermin 1998 zurückgewiesen. Er erhielt 11 Punkte und damit Platz Nummer 47 bei 35 möglichen Aufnahmen. Ihm wurde mit Schreiben vom 27.04.1998 – Az.: 21065/C 3-50/02 – mitgeteilt, dass er davon ausgehen müsse, dass seinem Antrag auf Aufnahme in den Vorbereitungsdienst zum Herbsttermin 1998 nicht entsprochen werden könne.
Gegen diesen Bescheid legte die Prozessbevollmächtigte des Klägers Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Entscheidung unter Vertrauensgesichtspunkten, also im Hinblick auf die Regelungen der Aufnahmeverordnungen aus den Jahren 1995 und 1997, nicht haltbar sei. Die Beklagte wies den Widerspruch unter Hinweis auf die bestehende Rechtslage mit Widerspruchsbescheid vom 30.06.1998 – Az.: 25510/III/C-01-50/02.03 – als unbegründet zurück.
Der Kläger leistet zurzeit sein Anerkennungsjahr als Sozialarbeiter ab.
Er trägt im Einzelnen vor, ihm und den übrigen Absolventen sei anlässlich ihrer Verabschiedung nach bestandenem Examen ausdrücklich zugesagt worden, dass diejenigen, die sich mit einer Wartezeit von drei Jahren einverstanden erklären würden, nach Ablauf der Frist auch mit Sicherheit in den Vorbereitungsdienst aufgenommen würden. Daher könne er aufgrund der langen Wartezeit Vertrauensschutz beanspruchen.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragte zunächst,
den Bescheid der Beklagten vom 27.04.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.06.1998 – Az.: 25510/III/C 3-50/02.03 – aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 28.07.1998 endgültig die Aufnahme des Klägers in den Vorbereitungsdienst zum 01.09.1998 abgelehnt hatte, beantragte die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 08.09.1998 nunmehr,
1.
festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 27.04.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.06.1998 – Az.: 25510/III/C 3-50/02.03 – rechtswidrig gewesen ist.
2.
die Beklagte zu verpflichten, den Kläger zum nächstmöglichen Termin in den Vorbereitungsdienst aufzunehmen.
Zur Begründung des Antrags zu Ziffer 1 trägt die Prozessbevollmächtigte des Klägers unter Bezugnahme auf § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO vor, es sei damit zu rechnen, dass die Beklagte den Kläger aufgrund im Wesentlichen unveränderter tatsächlicher und rechtlicher Verhältnisse zum nächsten Aufnahmetermin erneut ablehnen werde. Im Übrigen stütze sich das Feststellungsinteresse des Klägers auch auf Restitutionsgesichtspunkte.
Die Beklagte tritt den Ausführungen des Klägers entgegen und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass eine bindende Zusage niemals erteilt worden sei. Bei der Verabschiedung der Absolventinnen und Absolventen handele es sich um ein Prüfungsnachgespräch, bei dem die Perspektiven für den Fortgang der Ausbildung aufgezeigt wurden. Auch bei der offiziellen Verabschiedung sei keine Zusage gegeben worden. Es sei eine Prognose auf der Grundlage der im Herbst 1995 bestehenden Sach- und Rechtslage aufgestellt worden. Ein Vertrauenstatbestand sei weder durch diese Prognose noch durch die – nicht existierende – Verpflichtung der Beklagten, die im Herbst 1995 bestehende Rechtslage aufrecht zu erhalten, geschaffen worden.
Die Verwaltungskammer hat die das Verfahren betreffenden Kirchenverwaltungsakten beigezogen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt dieser Akten und der von den Beteiligten überreichten Unterlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:

Die nach § 19 Abs. 2 des Kirchengesetzes über die kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit (VwGG) vom 16. Juni 1996 (KABl. 1996 S. 309) zulässige Klage ist nicht begründet.
Das ursprüngliche Klagebegehren, nämlich die Aufnahme des Klägers in den kirchlichen Vorbereitungsdienst zum Herbst 1998, ist durch Zeitablauf gegenstandslos geworden.
Aber auch den nunmehr gestellten Hilfsanträgen kann nicht entsprochen werden. Die Verwaltungsgerichte sind grundsätzlich nicht verpflichtet, ein gegenstandslos gewordenes Klagebegehren auf seine ursprüngliche Berechtigung hin zu überprüfen. Nur beim Vorliegen eines besonderen Interesses kann der Kläger eine Sachentscheidung erzwingen. Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG schließt nicht die Verpflichtung des Gerichts zu einer Sachentscheidung ein, wenn der Bürger des beantragten Rechtsschutzes nicht (mehr) bedarf (vgl. Eyermann, VwGO, München 1998, § 113 Rd.-Nr. 83).
Eine den Feststellungsantrag rechtfertigende Wiederholungsgefahr ist nicht gegeben. Denn sie setzt voraus, dass auch in Zukunft dieselben tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse vorliegen wie in dem für die Beurteilung des erledigten Verwaltungsakts maßgeblichen Zeitpunkt. Selbst wenn man die Fortgeltung der derzeit maßgeblichen Verordnung für die Aufnahme in den kirchlichen Vorbereitungsdienst unterstellt, so haben sich die tatsächlichen Verhältnisse beim nächsten Aufnahmetermin verändert. Die Gesamtpunktzahl des Klägers hat sich erhöht, und die Anzahl der zu berufenden Bewerberinnen und Bewerber steht auch nicht fest. Es kann somit die angefochtene Entscheidung nicht wiederholt werden, sondern es ergeht eine völlig neue, auf die im fraglichen Zeitpunkt maßgeblichen Verhältnisse gestützte Entscheidung.
Auch Restitutionsgesichtspunkte kommen nicht in Betracht. Entgegen der Ansicht des Klägers besteht nicht die rechtliche Möglichkeit, ihn so zu stellen, als sei er rechtzeitig in den Vorbereitungsdienst aufgenommen worden. Selbst wenn man die Absicht des Klägers unterstellt, einen Amtshaftungs- oder sonstigen Entschädigungsprozess vor den ordentlichen Gerichten zu führen, so begründet sie dann kein Feststellungsinteresse, wenn der Prozess offensichtlich aussichtslos ist. Diese Aussichtslosigkeit ist im vorliegenden Fall zu bejahen, weil es an dem für einen Amtshaftungsprozess erforderlichen und der Beklagten zurechenbaren Verschulden fehlt. Sie hat auf der Grundlage der ab 01.01.1998 geltenden Verordnung für die Aufnahme in den kirchlichen Vorbereitungsdienst und unter Berücksichtigung der in ihr festgelegten Kriterien eine Punktzahl ermittelt, die im Hinblick auf § 9 VDAufnVO vom 10.12.1997 und den bestehenden Personalbedarf für die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst nicht ausreichte.
Ein Feststellungsinteresse ist somit zu verneinen.
Auch der Antrag, die Beklagte zu verpflichten, den Kläger zum nächstmöglichen Zeitpunkt in den Vorbereitungsdienst aufzunehmen, kann keinen Erfolg haben. Das Verpflichtungsbegehren dient der Durchsetzung eines Anspruchs auf Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts. Ein solcher Anspruch ist im vorliegenden Fall nur dann gegeben, wenn das Gesamtergebnis des Auswahlverfahrens eine Aufnahme in den kirchlichen Vorbereitungsdienst rechtfertigt. Die Chancen des Klägers ergeben sich aus der Anzahl der Bewerber und deren Gesamtpunktzahl. Beide Komponenten stehen im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht fest, sodass auch kein Anspruch des Klägers besteht. Das bedeutet, dass eine Verurteilung der Beklagten im Sinne des Hilfsantrags zu Ziffer 2 nicht möglich ist, weil sie möglicherweise gegen geltendes Recht verstoßen würde.
Ein Anspruch auf Aufnahme in den Vorbereitungsdienst lässt sich auch nicht aus früheren Zusagen herleiten.
Soweit sich der Kläger auf eine ihm gegebene Zusage beruft, vermag ihm die Verwaltungskammer nicht zu folgen. Von einer Zusage kann man nämlich nur dann sprechen, wenn ein echter Bindungswille der zuständigen Behörde erkennbar ist. Und selbst eine solche Zusage steht unter dem Vorbehalt, dass sich die Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Verwirklichung der Zusage nicht verändert hat. Denn es ist keiner Behörde zuzumuten, gegen geltendes Recht zu handeln.
Vor diesem Hintergrund ist die vom Kläger behauptete „feste Zusage“ zu sehen. Es kann dahingestellt bleiben, ob sie anlässlich eines Prüfungsnachgesprächs oder einer offiziellen Verabschiedung bei Anwesenheit mehrerer Professoren gegeben worden ist. In jedem Fall konnte nur von der gegenwärtigen Rechtslage ausgegangen und auf dieser Grundlage eine Zusage, eine Prognose für die Zukunft gegeben werden. Auf den Fortbestand einer gegenwärtigen Rechtslage kann man hoffen, nicht aber vertrauen. Somit konnte ein Vertrauensschutzbestand, auf den sich der Kläger berufen könnte, nicht entstehen und durch die Verordnung vom 10.12.1997 nicht verletzt werden. Damit bestand auch kein Anspruch des Klägers auf Aufnahme in den Vorbereitungsdienst zum 01.09.1998.
In diesem Zusammenhang weist die Beklagte zu Recht unter Bezugnahme auf den – auch der Klägerseite bekannten – Beschluss des Rechtshofs der Konföderation ev. Kirchen in Niedersachsen vom 28.10.1996 – Konf VR 27/96 – darauf hin, dass sie, die Beklagte, nicht verpflichtet ist, über den personalplanerischen Bedarf an Theologinnen und Theologen hinaus auszubilden, und das Recht hat, zu jedem Aufnahmetermin durch Verordnung die Aufnahmekapazität festzulegen und auch aus sachlichen Gründen die Auswahlkriterien zu ändern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 1 VwGG.
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Beschluss:

Der Gegenstandswert wird auf 12.996,- DM festgesetzt.
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Gründe:

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 99 VwGG und erfolgt in Anlehnung an die Praxis der staatlichen Verwaltungsgerichte (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.02.1990 – NVwZ 1990, 866 –, wonach bei Streitigkeiten über ein Probebeamtenverhältnis Streitwert der halbe Jahresbetrag des Endgrundgehalts aus dem angestrebten Amt ist; Hartmann, Kostengesetze, 26. Aufl. 1995, Anh. I B § 13 GKG Rd.-Nr. 23; Redeker/von Oertzen, VwGO, 12. Aufl. 1997, Rd.-Nr. 13 und 19 zu § 165).