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Kirchengericht:Schlichtungsstelle nach dem MVG der Evangelischen Kirche von Westfalen (2. Kammer)
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:06.10.2009
Aktenzeichen:2 M 62/09
Rechtsgrundlage:§§ 42 Buchstabe c; 12 Abs. 2 AVR.Diakonie EKD
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Eingruppierung, Mitarbeitervertretung, Sozialarbeiterin/Sozialarbeiter
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Leitsatz:

Die Tätigkeit einer Sozialarbeiterin in einer Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle erfüllt die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 9 A 1 a AVR.EKD

Tenor:

Es wird festgestellt, dass für die Antragsgegnerin kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiterin Frau xxx in die Entgeltgruppe EG 9 A 1. a AVR.Diakonie.EKD besteht.

Gründe:

I.
Der xxx betreibt in xxx eine staatlich anerkannte Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle. Das dortige Angebot umfasst die Schwangerschaftskonfliktberatung nach §§ 5 - 11 Schwangerschaftskonfliktgesetz ebenso wie allgemeine Schwangerenberatung. Des Weiteren erfolgt eine Beratung in allen Fragen der Familienplanung und Verhütung, bei Sexualproblemen, sowie präventive sexualpädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie sexualpädagogische Arbeiten mit Mitarbeitenden pädagogischer Einrichtungen.
Frau xxx ist seit dem 01.09.1975 als Sozialarbeiterin bei der Dienststelle beschäftigt. Mit ihr zusammen sind zwei weitere Sozialarbeiterinnen in der Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle tätig. Frau xxx hat im Hinblick auf die spezifische Aufgabenstellung der Einrichtung ein einwöchiges Seminar über Schwangerschaftskonfliktberatung besucht und Fortbildung im Bereich Sexualpädagogik absolviert.
Den Dienstverhältnissen der Mitarbeiterinnen liegen die AVR des Diakonischen Werkes der EKD zugrunde. Aufgrund der Novellierung des Eingruppierungskataloges zum 01.07.2007 bat die Antragstellerin bei der Mitarbeitervertretung um Zustimmung zur Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 A 1. a AVR. Die Mitarbeitervertretung vertrat die Auffassung, dass Frau xxx richtig in die Entgeltgruppe 10 AVR eingruppiert sei, da die ihr übertragenen Aufgaben schwierig im Sinne der Anmerkung 14 seien. Das Erörterungsverfahren fand am 07.11.2008 sein Ende, ohne dass Einvernehmen erzielt werden konnte. Die Dienststellenleitung leitete am 29.05.2009 das vorliegende Schlichtungsverfahren ein. Sie steht auf dem Standpunkt, dass die übertragenen Aufgaben den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppe 9 entsprächen, da es hier um verantwortlich wahrzunehmende Aufgaben ginge, deren Bewältigung anwendungsbezogene wissenschaftliche Kenntnisse voraussetzten. Der Schwerpunkt der Tätigkeit von Frau xxx liege im Bereich der sexualpädagogischen Angebote, für die sie zwar eine Fortbildung absolviert habe, die aber keine vertieften anwendungsbezogenen wissenschaftlichen Kenntnisse erforderten. Die genannte Fortbildung richte sich nämlich nicht nur an Fachhochschulabsolventen sondern an alle Personen, die über eine pädagogische Grundlagenausbildung verfügten.
Die Dienststellenleitung beantragt,
festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiterin xxx in die Entgeltgruppe EG 9 A 1. a AVR besteht.
Die Mitarbeitervertretung bittet um Zurückweisung. Sie ist der Meinung, dass die Frau xxx übertragenen Aufgaben in der Schwangerschaftskonfliktberatung eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 A b AVR rechtfertigten. Denn es handle sich hier um fachlich schwierige Aufgaben im Sinne der Anmerkung 14. Dabei falle ins Gewicht, dass die Beratung nicht nur umfassend und in einem engen zeitlichen Rahmen erfolge, sondern auch eine besondere Bedeutung und nachhaltige Folgen für die Betroffenen mich sich bringe. In fachlicher und rechtlicher Hinsicht seien hier vertiefte Überlegungen und besondere Sorgfalt von Nöten.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Beteiligten haben um eine Entscheidung der Schlichtungsstelle im schriftlichen Verfahren gebeten.
II.
  1. Der Schlichtungsantrag ist gem. §§ 60 Abs. 1, 30 Abs. 4 MVG.EKD zulässig. Es handelt sich um einen Streit im Verfahren der eingeschränkten Mitbestimmung gem. § 42 Buchstabe c MVG.EKD.
    Die Wahrung der vorgesehenen zweiwöchigen Anrufungsfrist gem. § 38 Abs. 4 MVG.EKD war nicht erforderlich, weil im Mitbestimmungsverfahren über die zutreffende Eingruppierung die zweiwöchige Anrufungsfrist als suspendiert anzusehen ist (KGH.EKD Beschluss vom 08.08.2005 in ZMV 2006, S. 199).
  2. Die vorliegende Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren ergehen, weil dies von den Beteiligten einvernehmlich angeregt worden ist (§ 61 Abs. 5 Satz 6 MVG.EKD)
  3. Der Schlichtungsantrag ist begründet. Denn die Mitarbeitervertretung hatte keinen Grund, die Zustimmung für die von der Dienststellenleitung vorgesehene Eingruppierung der Mitarbeiterin xxx zu verweigern. Zutreffend geht die Dienststellenleitung von einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 A 1. a AVR.Diakonie EKD aus. Hierfür streitet bereits das Richtbeispiel für diese Entgeltgruppe „Sozialpädagogin / Sozialarbeiterin“. Zu Unrecht meint die Mitarbeitervertretung, dass Frau xxx mit fachlich schwierigen Aufgaben betraut ist, die eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 A a rechtfertigen würde.
    Dabei kann dahingestellt bleiben, welche der beiden Teiltätigkeiten von Frau xxx Gepräge gebend im Sinne von § 12 Abs. 2 AVR sind. Seitens der Dienststellenleitung wird vorgetragen, das der sexualpädagogische Tätigkeitsbereich den Schwerpunkt bildet, während seitens der Mitarbeitervertretung behauptet wird, dass Frau xxx „vor allem und auch“ in der Schwangerschaftskonfliktberatung arbeitet. Beide Tätigkeitsbereiche heben sich nicht durch fachliche, organisatorische, rechtliche oder technische Besonderheiten heraus, die vertiefte Überlegung und besondere Sorgfalt erfordern (vgl. Anmerkung 14 zur Anlage 1 der AVR). Sowohl die Beratung in Konfliktsituationen wie die einer Problem- oder ungewollten Schwangerschaft wie auch die sexualpädagogische Beratungstätigkeit gehören, ohne dass hierfür eine intensive Fortbildung erforderlich ist, in das Repertoire einer ausgebildeten Sozialarbeiterin / Sozialpädagogin. Die von Frau xxx in beiden Tätigkeitsbereichen absolvierte Fortbildung kann nicht als eine fachlich wesentlich vertiefende Zusatzausbildung anerkannt werden. Dabei soll nicht verkannt werden, dass gerade in der Schwangerschaftsberatung ein besonderes Eingehen auf die Probleme der Klienten und Klientinnen erforderlich ist. Hierbei geht es aber nicht um fachliche, organisatorische, rechtliche oder technische Besonderheiten im Sinne der Anmerkung 14 zur Anlage 1 AVR. Gefordert wird vor allem eine einfühlungsbereite und überzeugende Persönlichkeit. Dieses Profil steht aber außerhalb des tariflichen Eingruppierungsschemas.
    Was den sexualpädagogischen Tätigkeitsbereich angeht, so wird dieser offenbar auch von der Mitarbeitervertretung nicht als eine fachlich schwierige Aufgabe im Sinne der Entgeltgruppe 10 angesehen. Die in diesem Tätigkeitsbereich gemachte Fortbildung von Frau xxx kann nicht als fachlich vertiefend im Sinne des Obersatzes A zur Entgeltgruppe 10 angesehen werden, obwohl hierbei sicherlich zusätzliche Kenntnisse erworben wurden, die für die spezielle Wissensvermittlung in Sexualfragen und deren Pädagogik sinnvoll waren.
Nach alledem war die fehlende Zustimmung der Mitarbeitervertretung zu der von der Dienststellenleitung vorgesehenen Eingruppierung zu ersetzen.