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Kirchengericht:Schlichtungsstelle nach dem MVG der Evangelischen Kirche von Westfalen (2. Kammer)
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:29.04.2010
Aktenzeichen:2 M 114/09
Rechtsgrundlage:§ 42 Buchstabe c MVD.EKD; AVR.DW.EKD
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Eingruppierung, Mitarbeitervertretung, Sozialarbeiterin/Sozialarbeiter
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Leitsatz:

Eine Sozialarbeiterin, die innerhalb eines dreiköpfigen Teams einer Stadtteileinrichtung arbeitet und dabei die Planungs- und Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, ist richtig in die Entgeltgruppe 9 A 1 AVR.DW.EKD eingruppiert. Echte Leitungsaufgaben im Sinne von Entgeltgruppe 10 B 1. i. V. m. Anmerkung 11 AVR fallen hier nicht an.

Tenor:

Es wird festgestellt, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiterin Frau xxx ist die Entgeltgruppe EG 9 A 1 a AVR besteht.

Gründe:

I.
Die Beteiligten streiten über die zutreffende Eingruppierung einer Sozialarbeiterin, die in einer Stadtteileinrichtung arbeitet.
Die Antragstellerin betreibt in BBB drei sogenannte Stadtteileinrichtungen. Hierbei handelt es sich um offene Treffpunkte für alle Kinder, Jugendliche und Eltern des betreffenden sozialen Brennpunkts. Sie bieten, wie es in dem Angebot heißt, „Spiel, Spaß und gemeinsame Unternehmungen“. Bei Bedarf stehen Ansprechpartner bei persönlichen Problemen oder bei Schwierigkeiten in der Schule zur Verfügung. Hier gibt es Hausaufgabenhilfe, Sprach- und Lesetraining und umfangreiche Freizeitangebote. Eltern finden Beratung und Unterstützung bei Problemen in der Familie, in Schul- und Erziehungsfragen sowie Hilfe bei Behördenangelegenheiten.
Das Betreuungsteam im sogenannten xxxviertel besteht aus zwei Sozialarbeiterinnen und einer Erzieherin. Frau Xxx um deren Eingruppierung gestritten wird, ist Sozialarbeiterin in Vollzeit. Ihre beiden Kolleginnen haben Teilzeitdienstverträge.
Frau Xxx sind unstreitig folgende Aufgaben übertragen:
  • Planung und Durchführung von Projekten,
  • Planung und Durchführung von Ferienangeboten,
  • Planung und Durchführung der Teamsitzungen,
  • Ansprechpartnerin für externe und interne Stellen,
  • Vermittlung von Fachdiensten,
  • Budgetverwaltung im vereinbaren Rahmen,
  • Mitwirkung in den stadtteilbezogenen Gremien (regionale Jugendkonferenz, AK xxx),
  • Mitwirkung an der konzeptionellen Ausrichtung der Stadtteileinrichtung.
Frau Xxx steht ein Jahresbudget von zurzeit 5.000 Euro zur Verfügung, mit dem anfallende Ausgaben wie z. B. der Kauf von Spielgeräten beglichen werden.
Neben den genannten drei Stammmitarbeiterinnen sind gelegentlich zwei bis drei geringfügig Beschäftigte mit jeweils fünf bis sieben Wochenstunden bei zusätzlichem Bedarf tätig.
Die in der Stadtteilarbeit tätigen Teams werden durch die vorgesetzte Fachbereichsleitung betreut. Die Fachbereichsleiterin, Frau xxx, hat die fachliche und disziplinarische Weisungsbefugnis.
Im Zuge der Novellierung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der EKD zum 01.07.2007 beantragte die Dienststellenleitung bei der Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin Xxx in die Entgeltgruppe EG 9 A 1. a. Die Mitarbeitervertretung bat fristgerecht um Erörterung, wobei sie in den nachfolgenden Gesprächen die Meinung vertrat, dass Frau Xxx zutreffend in die Entgeltgruppe 10 B 1. AVR.DW.EKD eingruppiert sei. Das Erörterungsverfahren wurde mit Schreiben der Mitarbeitervertretung vom 19.01.2009 für beendet erklärt. Die Dienststellenleitung hat am 14.12.2009 das vorliegende Schlichtungsverfahren eingeleitet.
Sie meint, dass die Mitarbeitervertretung zu Unrecht der vorgesehenen Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 nicht zustimme. Frau Xxx nehme zwar als Sozialarbeiterin verantwortlich entsprechende Aufgaben wahr, ihr seien jedoch im Gegensatz zur Meinung der Mitarbeitervertretung keine Leitungsaufgaben im Sinne der Anmerkung 11 zur Anlage 1 der AVR übertragen worden.
Die Dienststellenleitung beantragt, festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiterin Frau Xxx in die Entgeltgruppe EG 9 A 1 a AVR.DW.EKD besteht.
Die Mitarbeitervertretung bittet um Zurückweisung des Schlichtungsantrags.
Sie steht auf dem Standpunkt, dass Frau Xxx die Teamleitung übertragen sei, denn sie führe Bewerbungs- und Probezeitgespräche für die Einstellung von Mitarbeitenden auf GfB-Basis. Sie moderiere die Teambesprechungen, sie leite die GfB-Mitarbeitenden an. Sie koordiniere die personellen und zeitlichen Ressourcen (Dienstpläne erarbeiten, Vertretungen organisieren und Arbeitszeiten hinsichtlich Minus- oder Mehrstunden steuern). Sie führe Mitarbeitergespräche mit den GfB-Kräften. Sie werbe und betreue ehrenamtliche Mitarbeitende und sei zuständig für das Schaffen und Aufrechterhalten einer produktiven Arbeitsatmosphäre. Diese für die Teamleitung charakteristischen Aufgaben müssten, so die Mitarbeitervertretung, zu einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 B 1. AVR.DW.EKD führen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze und die mündlichen zu Protokoll genommen Erklärungen Bezug genommen.
II.
  1. Der Schlichtungsantrag ist gem. §§ 60 Abs. 1, 38 Abs. 4 MVG.EKD zulässig. Es handelt sich um einen Streit im Verfahren der eingeschränkten Mitbestimmung gem. § 42 Buchstabe c MVG.EDK. Zwar hat die Dienststellenleitung die zweiwöchige Anrufungsfrist gem. § 38 Abs. 4 MVG.EKD nicht eingehalten. Indessen ist in Mitbestimmungsverfahren über die zutreffende Eingruppierung diese Anrufungsfrist als suspendiert anzusehen (KGH.EKD, Beschluss vom 08.08.2005 in ZMV 2006, 199).
  2. Der Schlichtungsantrag ist begründet. Denn die Verweigerung der Zustimmung zu der von der Dienststellenleitung vorgesehenen Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 A 1. a AVR.DW.EKD ist nicht gerechtfertigt.
Zutreffend gehen beide Beteiligte davon aus, dass Frau Xxx als Sozialarbeiterin verantwortlich wahrzunehmende Aufgaben im Sinne der Entgeltgruppe 9 A 1. übertragen sind. Strittig ist lediglich, ob ihr darüber hinaus Leitungsaufgaben im Sinne der Anmerkung 11 zur Anlage 1 AVR obliegen. Denn nur die Wahrnehmung von Leitungsaufgaben kann eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 AVR und damit die Verweigerung der Zustimmung durch die Mitarbeitervertretung rechtfertigen.
Leitungsaufgaben im Sinne der Anmerkung 11 zur Anlage 1 AVR sind nur solche, bei denen die Verantwortung über zumindest einen Teil der in Anmerkung 10 genannten Leitungsaufgaben ausdrücklich übertragen sind. Eine solche ausdrückliche Übertragung von Leitungsaufgaben ist hier jedoch nicht festzustellen. Zwar hebt sich der Aufgabenbereich von Frau Xxx gegenüber dem ihrer teilzeitbeschäftigten Kolleginnen in der Weise ab, dass sie koordinierend, moderierend und anleitend tätig ist und das der Stadtteileinrichtung zustehende Budget verantwortlich verwaltet. Diese im Rahmen einer derart kleinen Organisationseinheit zusätzlich anfallenden Aufgaben gehören jedoch nach Auffassung der Schlichtungsstelle noch zu den verantwortlich wahrzunehmenden Aufgaben einer Sozialarbeiterin im Sinne der Anmerkung 8 Satz 2 der Anlage 1 AVR. Leitungsaufgaben können aber nur bei Organisationseinheiten anfallen, bei denen neben den einrichtungsspezifischen fachlichen Aufgaben ein nicht unerheblicher Leitungsaufwand betrieben werden muss.
Ein solcher ins Gewicht fallender Leitungsaufwand ist aber bei der vorliegenden Stadtteileinrichtung mit einem Team von zwei VK-Stellen nicht gegeben. Dabei muss richtig gesehen werden, dass die gesamte Stadtteilarbeit in den übergeordneten Fachbereich eingebetet ist und von der Fachbereichsleitung gesteuert wird.
Die fehlende Zustimmung der Mitarbeitervertretung zu der von der Dienststellenleitung vorgesehenen Eingruppierung der Mitarbeiterin Xxx war nach alledem zu ersetzen.