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Kirchengericht:Schlichtungsstelle nach dem MVG der Evangelischen Kirche von Westfalen (2. Kammer)
Entscheidungsform:Beschluss rechtskräftig
Datum:24.09.2015
Aktenzeichen:2 M 56/15
Rechtsgrundlage:§ 19 Abs. 3 MVG.EKD
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Freistellungsanspruch, Teilnahme an Lehrgang, Teilnahme an Tagung
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Leitsatz:

Freistellungsanspruch für die Teilnahme an Tagungen und Lehrgängen. Einer Freistellung oder einer Zustimmung der Dienststelle bedarf es nicht, wenn ein Mitglied einer Mitarbeitervertretung an einer Tagung oder einem Lehrgang nach § 19 Abs. 3 MVG.EKD teilnehmen will, deren Erforderlichkeit zwischen Mitarbeitervertretung und Dienststelle streitig ist. Ein auf Freistellung des Mitarbeitervertretungsmitglieds oder auf Freistellung von den zu erwartenden Kosten bzw. auf Anmeldung durch die Dienststelle zu der streitigen Veranstaltung gerichteter Antrag ist unzulässig.

Tenor:

Der Antrag der Schwerbehindertenvertretung wird abgewiesen.

Gründe:

A.

Die Beteiligten streiten im Wege der einstweiligen Verfügung um einen Anspruch auf Anmeldung der Antragstellerin zur Teilnahme an einer Veranstaltung der Firma modul b GmbH, die u. a. den Besuch der Messe REHACARE 2015 in Düsseldorf umfasst.
Der Antragsgegner, ein Verein zur Betreuung alter und junger Menschen, betreibt xxx zwei Einrichtungen der Altenhilfe, eine Kindertagesstätte und einen Seniorenwohnpark. Seit dem 01.10.2004 ist er Mitglied des Diakonischen Werkes der Landeskirche X. In der Dienststelle sind derzeit ca. 145 Mitarbeitende beschäftigt.
In der Dienststelle ist eine Mitarbeitervertretung gewählt, die aus fünf Personen besteht. Die Antragstellerin ist die bei der Dienststelle eingerichtete Schwerbehindertenvertretung. Die gewählte Vertrauensperson ist Frau xxx.
Die Antragstellerin beabsichtigt, an der vom 14. bis 16.10.2015 stattfindenden Veranstaltung der Firma modul b GmbH, die den Messebesuch der REHACARE 2015 in Düsseldorf beinhaltet, teilzunehmen. Unter Beifügung des Formulars der modul b GmbH (Blatt 7 der Akten) teilte Frau xxx der Dienststelle mit Schreiben vom 05.07.2015 mit, dass sie in der Zeit vom 14.10. bis 16.10.2015 gerne zur Fachmesse nach Düsseldorf fahren würde.
Die Dienststelle teilte der Antragstellerin daraufhin mit Schreiben vom 13.07.2015 (Blatt 6 der Akten) mit, dass es sich bei der REHACARE International 2015 in Düsseldorf um eine Fachmesse handle, auf der Dienstleistungen sowie neue Produkte und Hilfsmittel präsentiert würden. Diese Fachmesse sei keine Schulungsveranstaltung oder Lehrgang im Sinne des § 19 Abs. 3 MVG.EKD, eine Freistellung für die Teilnahme an dieser Fachmesse über drei Tage sei daher nicht möglich.
Ob es sich bei der Veranstaltung vom 14. bis 16.10.2015 um eine Tagung und einen Lehrgang im Sinne des § 19 Abs. 3 Satz 1 MVG.EKD handelt, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Die Teilnehmer der Veranstaltung der modul b GmbH werden in der Zeit vom 14. bis 16.10.2015 im Mercure Hotel Düsseldorf untergebracht. Von dort aus erfolgt auch der Besuch der Messe REHACARE 2015 mittels eines Praxistransfers sowie die Auswertung des Messebesuchs.
In der Folgezeit ließ sich die Antragstellerin bei der modul b GmbH einen Platz für die Teilnahme an der streitigen Veranstaltung zunächst unverbindlich reservieren. Die verbindliche Anmeldung muss bis spätestens 14 Tage vor Messebeginn erfolgen.
Mit Schreiben vom 11.08.2015 (Blatt 28 der Akten) teilte die Antragstellerin der Dienststelle mit, dass die Verhandlungen in der Angelegenheit Seminar „REHACARE in Düsseldorf“ gescheitert seien; es werde ein Schlichtungsverfahren durchgeführt, hierfür werde um Kostenübernahme für den beizuziehenden Rechtsbeistand gebeten.
Die Dienststelle erwiderte mit Schreiben vom 17.08.2015 (Blatt 9 der Akten), es hätten keine Verhandlungen über die Teilnahme der streitigen Fachmesse stattgefunden, die überlassenen Unterlagen der Firma modul b GmbH seien unzureichend.
Mit Schreiben vom 20.08.2015 (Blatt 30 der Akten) teilte die Antragstellerin mit, weitere Seminarunterlagen seien nicht vorhanden.
Unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin (Blatt 17 f. der Akten) hatte die Antragstellerin bereits am 17.08.2015 das vorliegende Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei der erkennenden Schlichtungsstelle eingeleitet, mit dem ein Anspruch auf Anmeldung zu der streitigen Veranstaltung geltend gemacht wurde.
Gleichzeitig leitete die Antragstellerin bei der Schlichtungsstelle ein entsprechendes Hauptsacheverfahren – 2 M 58/15 – ein.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, bei der Veranstaltung der modul b GmbH vom 14. bis 16.10.2015 handle es sich nicht lediglich um eine reine Fachmesse, in der keine inhaltlichen Thematiken der Schwerbehindertenvertretung vermittelt würden. Schwerpunkt der Veranstaltung sei die Inklusion und behindertengerechten Gestaltung von Arbeitsplätzen, die Thematik behinderter Menschen und berufliche Fortbildung, das Wissens- und Informationsmanagement für die Schwerbehindertenvertretung, aktuelle Rechtsprechung zu Fragen der Schwerbehindertenvertretung sowie die Thematik Dienstvereinbarungen. Ebenfalls erfasst sei die Zusammenarbeit mit externen Institutionen. Mit dem Seminar sei allerdings verbunden auch der Besuch der Messe REHACARE 2015. Im Rahmen des Seminars erfolgten der Praxistransfer und die Auswertung des Messebesuches mit Blick auf die vorgenannten Themen. Weiter erfolge eine Besprechung rund um die Schwerbehindertenvertretungsarbeit.
Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus § 19 Abs. 3 MVG.EKD der nach § 52 Abs. 1 MVG.EKD auch für die Vertrauensperson der Schwerbehinderten entsprechend Anwendung finde. Die Erforderlichkeit der Teilnahme an Tagungen und Lehrgängen könne nicht im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG bestimmt werden. Das BetrVG unterscheide zwischen Lehrgängen, die lediglich dienliche Kenntnisse vermittelten, und solchen, die erforderliche Kenntnisse vermittelten. Eine solche Differenzierung sehe das Mitarbeitervertretungsgesetz nicht vor. Der von § 19 Abs. 3 MVG.EKD bestimmte Vierwochenzeitraum sei von der Antragstellerin nicht ausgeschöpft. Innerbetriebliche Notwendigkeiten stünden der Teilnahme an der streitigen Veranstaltung nicht entgegen.
Soweit die Dienststelle bemängele, dass eine Anmeldung zu einer Veranstaltung im Sinne des § 19 Abs. 3 MVG.EKD durch die Dienststelle gar nicht vorgesehen sei, erstrecke sich der geltend gemachte Anspruch auch auf Freistellung bzw. Kostenübernahme durch die Dienststelle.
Die Antragstellerin behauptet, in der Dienststelle liege der Altersschnitt der Mitarbeitenden inzwischen bei 50 bis 55 Jahren. Die Arbeitsplätze seien jedoch weder behindertengerecht noch altersgerecht eingerichtet. Gerade die Inklusion oder behindertengerechte Gestaltung von Arbeitsplätzen sei jedoch Schwerpunkt des streitigen Seminars. Gerade auf diesem Gebiet möchte die Antragstellerin initiativ tätig werden.
Da die Dienststelle eine Kostenübernahme nicht zugesagt habe, sei der Erlass einer einstweiligen Verfügung auch notwendig.
Die Antragstellerin beantragt,
der Dienststelle bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache aufzugeben, die Antragstellerin für den Zeitraum 14.10.2015 bis 16.10.2015 bei dem Schulungsveranstalter modul b GmbH für das Seminar „REHACARE 2015 in Düsseldorf Internationale Fachmesse für Rehabilitation, Prävention und Inklusion, Wissensvermittlung direkt vor Ort für SBV, BR und PR!“ in Düsseldorf anzumelden.
Die Dienststelle beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Die Dienststelle ist der Auffassung, bei der Veranstaltung, an der die Antragstellerin teilnehmen möchte, handle es sich nicht um eine Tagung und oder um einen Lehrgang im Sinne des § 19 Abs. 3 Satz 1 MVG.EKD. Der Besuch einer Fachmesse stelle keine Veranstaltung im Sinne des § 19 Abs. 3 MVG.EKD dar. Die eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin sowie das vorgelegte Formular der modul b GmbH seien unzureichend. Diese Unterlage lege weder die einzelnen Seminarinhalte noch deren zeitliche Abfolge dar. Soweit die Antragstellerin daraus ableite, Schwerpunkt des Seminars sei die behindertengerechte Gestaltung von Arbeitsplätzen, könne dies aus der überlassenen Unterlage nicht hergeleitet werden. Darüber hinaus könne die Antragstellerin ihre Anmeldung durch die Dienststelle nicht verlangen. Dies sei weder auf dem vorgelegten Formular noch durch § 19 Abs. 3 MVG.EKD vorgesehen. Im Übrigen habe sich die Antragstellerin ja selbst – wenn auch unverbindlich – angemeldet. Soweit die Antragstellerin behaupte, die Arbeitsplätze in der Dienststelle seien weder behindertengerecht noch altersgerecht, handle es sich um eine diskriminierende Behauptung, die unzutreffend sei. Soweit behinderte Mitarbeitende einen behindertengerechten Arbeitsplatz benötigten, sei dieser eingerichtet. Zur Unterstützung der Mitarbeitenden, insbesondere in der Pflege, stünden Arbeitshilfe jeglicher Art zur Verfügung. Nach Aussage der Vertreter der Berufsgenossenschaft BGW tue die Dienststelle in diesem Punkt sogar mehr, als dies in anderen vergleichbaren Einrichtungen der Fall sei.
Es bestehe auch kein Verfügungsgrund, die Antragstellerin könne sich selbst zu der streitigen Veranstaltung anmelden. Würde sie sich selbst anmelden, hätte sie ihre Teilnahme an der Fachmesse gesichert, ihr Recht wäre nicht vereitelt.
Die Schlichtungsstelle hat die Akten des Hauptsacheverfahrens 2 M 58/15 beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akten wird ebenso Bezug genommen wie auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze.

B.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nicht begründet.
Die Antragstellerin kann von der Dienststelle nicht im Wege der einstweiligen Verfügung verlangen, zu der streitigen Veranstaltung vom 14.10.2015 bis 16.10.2015 bei der modul b GmbH angemeldet zu werden.

I.

Der Antrag der Schwerbehindertenvertretung erscheint zulässig.
1.)
Die Beteiligten streiten um eine Angelegenheit aus dem Mitarbeitervertretungsgesetz nach § 60 Abs. 1 MVG.EKD, nämlich um einen Anspruch auf Anmeldung zu einer Veranstaltung, bzw. um Freistellung für die Teilnahme an dieser Veranstaltung bzw. um Kostenübernahme. Hierbei handelt es sich um eine Streitigkeit nach den §§ 52 Abs. 1, 19 Abs. 3 MVG.EKD.
Auch in kirchengerichtlichen Verfahren ist der Erlass einer einstweiligen Verfügung grundsätzlich zulässig. Dies ergibt sich aus § 62 MVG.EKD i. V. m. § 85 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, §§ 935, 940 ZPO.
2.)
Der gestellte Antrag ist auch genügend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Aus dem gestellten Antrag im Zusammenhang mit dem weiteren Vorbringen der Schwerbehindertenvertretung ergibt sich, was die Schwerbehindertenvertretung im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren erstrebt, nämlich ihre Anmeldung zu der streitigen Veranstaltung vom 14. bis 16.10.2015 durch die Dienststelle bzw. ihre Freistellung zur Teilnahme an dieser Veranstaltung bzw. insbesondere eine Kostenübernahmezusage.

II.

Der von der Schwerbehindertenvertretung gestellte Antrag ist unbegründet.
1.)
Die Antragstellerin kann von der Dienststelle nicht im Wege der einstweiligen Verfügung verlangen, dass sie von der Dienststelle bei der modul b GmbH für die streitige Veranstaltung vom 14.10.2015 bis 16.10.2015 angemeldet wird. Auch eine Freistellung der Antragstellerin für die Teilnahme an der streitigen Veranstaltung sowie eine Freistellung von den entstehenden Kosten kommt im Wege der einstweiligen Verfügung nicht in Betracht. Für die geltend gemachten Ansprüche fehlt es sowohl am Verfügungsgrund wie am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.
Die Schlichtungskammer hat schon erhebliche Zweifel, ob der Antrag der Schwerbehindertenvertretung in der gestellten Form einer einstweiligen Verfügung überhaupt zugänglich ist. Mit dem zur Entscheidung gestellten Antrag macht die Antragstellerin ihre Anmeldung bei der modul b GmbH für die streitige Veranstaltung vom 14.10.2015 bis 16.10.2015 geltend. Sowohl bei diesem Antrag, wie auch bei der geforderten Freistellung für die Teilnahme der streitigen Veranstaltung, handelt es sich nämlich um eine von der Dienststelle abzugebende Willenserklärung, die nach § 894 Abs. 1 ZPO nur durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung ersetzt werden kann. Das Gleiche gilt, insoweit die Antragstellerin die Übernahme der durch die Teilnahme entstandenen Kosten durch die Dienststelle erstreiten möchte (vgl. Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz, 2. Aufl., K Rdn. 42; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 935 Rdn. 9 m. w. N.) Mit einer stattgebenden Entscheidung wäre der Schwerbehindertenvertretung nicht gedient, weil diese Entscheidung nicht rechtskräftig wäre.
2.)
In jedem Fall fehlt es für den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung an einem Verfügungsgrund im Sinne des § 85 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 940 ZPO. Danach sind einstweilige Verfügungen nur zur Abwendung wesentlicher Nachteile zulässig.
a)
Ein Verfügungsgrund liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts ohne alsbaldige einstweilige Regelung vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Zur Abwendung dieser Gefahr muss die einstweilige Verfügung erforderlich sein. Dabei kommt eine einstweilige Verfügung, die aufgrund ihres Leistungsausspruches einen endgültigen Zustand schaffen würde, nur ausnahmsweise in Betracht. Angesichts dieser Tatsache ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Es kommt insoweit darauf an, ob die glaubhaft gemachten Gesamtumstände es in Abwägung der beiderseitigen Belange zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich erscheinen lassen, eine sofortige Regelung zu treffen. Dabei ist auch das Gewicht des drohenden Verstoßes und die Bedeutung der umstrittenen Maßnahme einerseits für die Arbeitgeberin oder Dienstgeberin und andererseits für die Belegschaft angemessen zu berücksichtigen (BAG 03.05.1994 – 1 ABR 24/93 – NZA 1995, 40). Das durch eine Leistungsverfügung zu sichernde Beteiligungsrecht der Mitarbeitervertretung ist kein subjektives absolutes Recht, sondern eine Berechtigung, zum Schutz der Mitarbeiter durch Ausübung des jeweiligen Beteiligungsrechts mitgestaltend tätig zu werden. Für die Feststellung eines Verfügungsgrundes kommt es daher nicht allein darauf an, ob der Mitarbeitervertretung die Ausübung ihrer Beteiligungsrechte ganz oder jedenfalls für die Vergangenheit unmöglich gemacht wird, sondern auch darauf, ob für die Zeit bis zum Inkrafttreten einer mitbestimmten Regelung der damit bezweckte Schutz der Arbeitnehmer und Mitarbeiter unwiederbringlich vereitelt wird. Bei der Abwägung der verschiedenen Interessen können die Anforderungen an einen Verfügungsgrund umso geringer sein, desto schwerer und offensichtlich die drohende oder bestehende Rechtsverletzung ist (LAG Köln 24.11.1998 – 13 Sa 940/98 – NZA 1999, 1008; LAG Hamm 12.12.2001 – 10 Sa 1741/01 – NZA-RR 2003, 311; LAG Hamm 26.02.2007 – 10 TaBVGa 7/07 –; LAG Hamm 22.10.2010 – 10TaBVGa 19/10 – mit weiteren Nachweisen).
b)
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze konnte die erkennende Schlichtungskammer einen Verfügungsgrund nicht annehmen. Ein eindeutig überwiegendes Interesse der Schwerbehindertenvertretung an der Teilnahme an der streitigen Veranstaltung vom 14. bis 16.10.2015 liegt nicht vor. Ein solches eindeutig überwiegendes Interesse der Schwerbehindertenvertretung ist weder glaubhaft gemacht noch erkennbar.
aa)
Aus dem Vorbringen der Schwerbehindertenvertretung kann schon nicht offensichtlich entnommen werden, dass es sich bei der Veranstaltung vom 14. bis 16.10.2015 um eine Tagung oder einen Lehrgang im Sinne des § 19 Abs. 3 MVG.EKD handelt.
Eine Arbeitsbefreiung und eine Kostenerstattung erhalten Mitglieder einer Schwerbehindertenvertretung nach § 19 Abs. 3 i. V. m. § 52 Abs. 1 MVG.EKD nur für die Teilnahme an Tagungen und Lehrgängen, die ihnen für die Tätigkeit in der Schwerbehindertenvertretung erforderliche Kenntnisse vermitteln. Mit Tagungen und Lehrgängen im Sinne des Absatz 3 sind Veranstaltungen gemeint, die für die Arbeit der Mitarbeitervertretung (Schwerbehindertenvertretung) erforderlich sind; nicht dazu gehören allgemeinbildende, politische oder sonstige Veranstaltungen. Die Teilnahme an einer Veranstaltung muss einen konkreten Bezug zur Arbeit der Mitarbeitervertretung (Schwerbehindertenvertretung) haben (KGH.EKD 29.10.2012 – II-124/T58-11–; Fey/Rehren, MVG.EKD, § 19 RdNr 10).
Im vorliegenden Verfahren streiten die Beteiligten gerade darum, ob es sich bei der von der modul b GmbH organisierten Veranstaltung um eine Tagung oder um einen Lehrgang im Sinne des § 19 Abs. 3 MVG.EKD handelt. Wie groß der Anteil der Wissensvermittlung der Schwerbehindertenvertretung bei dem Besuch der streitigen Veranstaltung ist, liegt weder auf der Hand noch ist derartiges aus dem Vorbringen der Antragstellerin ersichtlich. Ebenso wenig ist erkennbar, ob nicht der Messebesuch bei der streitigen Veranstaltung überwiegt. Zurecht steht die Dienststelle auf dem Standpunkt, dass weder die einzelnen Seminarinhalte noch deren zeitliche Abfolge substantiiert dargestellt dargestellt worden sind. Aus dem von der modul b GmbH erstellten Formular (Blatt 7 der Akten) kann jedenfalls nicht hergeleitet werden, dass Schwerpunkt der Veranstaltung die behindertengerechte Gestaltung von Arbeitsplätzen sowie die weiteren im Formular genannten Punkte sind. Aus dem Vorbringen der Schwerbehindertenvertretung geht auch nicht hervor, inwieweit die Teilnahme an der streitigen Veranstaltung einen konkreten Bezug zur Arbeit der Schwerbehindertenvertretung in der Dienststelle hat. Die bloße Behauptung, die Arbeitsplätze in der Dienststelle seien weder behindertengerecht noch altersgerecht eingerichtet, ist völlig unsubstantiiert. Bei dieser Sachlage kann nach dem Vorbringen der Beteiligten jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Veranstaltung vom 14. bis 16.10.2015 offensichtlich um eine Tagung oder um einen Lehrgang im Sinne des § 19 Abs. 3 MVG.EKD handelt. Insoweit wird es einer genaueren Überprüfung im Hauptsacheverfahren bedürfen, ob die von der modul b GmbH organisierte Veranstaltung überhaupt eine Tagung oder ein Lehrgang im Sinne des § 19 Abs. 3 MVG.EKD darstellt, und ob die Teilnahme der Schwerbehindertenvertretung an dieser Veranstaltung einen konkreten Bezug zur Arbeit der Schwerbehindertenvertretung in der Dienststelle hat.
bb)
Darüber hinaus ergibt sich aus dem Vorbringen der Schwerbehindertenvertretung, dass es mit dem vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung allein darum geht, vor der Teilnahme an der streitigen Veranstaltung die Freistellung der Antragstellerin für die Teilnahme an dieser Veranstaltung sowie die Frage der Kostenerstattung zu klären.
Dass die Dienststelle zur Übernahme der entstehenden Kosten verpflichtet ist, sollte sich herausstellen, dass es sich bei der Veranstaltung vom 14. bis 16.10.2015 um eine Tagung oder einen Lehrgang im Sinne des § 19 Abs. 3 MVG.EKD handelt und diese Teilnahme auch einen konkreten Bezug zur Arbeit der Schwerbehindertenvertretung in der Dienststelle hat, ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit.
Einer vorherigen Freistellung der Antragstellerin durch die Dienststelle zur Teilnahme an der streitigen Veranstaltung bedarf es jedoch nach Auffassung der erkennenden Schlichtungskammer nicht.
Zwar wird in der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung vertreten, dass die Gerichte einem Betriebsratsmitglied durch einstweilige Verfügung die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung gestatten könnten (LAG Hamm 23.11.1972 -DB 1972, 2489; LAG Hessen 10.08.2004 -9 TaBVGa 114/04-; Fitting u. a., BetrVG, 26. Aufl., § 37 RdNr 252 mit weiteren Nachweisen). Überwiegend wird aber die Auffassung vertreten, dass die Durchführung von Schulungsmaßnahmen für Betriebsratsmitglieder im Wege der einstweiligen Verfügung durch den Betriebsrat regelmäßig nicht erzwungen werden kann, weil es einer Freistellung durch den Arbeitgeber nicht bedarf (LAG Düsseldorf 06.09.1995 – NZA-RR 1996, 12; LAG Köln 22.11.2003 -DB 2004, 551; LAG Hamm 10.05.2004 -10 TaBV 41/04-; LAG Hamm 21.05.2008 -10TaBVGa 7/08- Erfurter Kommentar/Koch, § 37 BetrVG RdNr 24 mit weiteren Nachweisen).
Dieser Auffassung schließt sich die erkennende Schlichtungskammer auch für den Fall des Mitarbeitervertretungsgesetzes an. Beschließt die Mitarbeitervertretung (Schwerbehindertenvertretung) durch ordnungsgemäß gefassten Beschluss die Teilnahme eines Mitglieds an einer Veranstaltung im Sinne des § 19 Abs. 3 MVG.EKD, ist das Mitglied befugt, der Arbeit fern zu bleiben, ohne dass es einer dahingehenden Freistellungserklärung der Dienststelle bedarf. Auch das Mitarbeitervertretungsmitglied bedarf nicht der Zustimmung der Dienststelle zur Teilnahme an einer Veranstaltung im Sinne des § 19 Abs. 3 MVG.EKD (BAG 30.01.1973 -AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 3). Es müssen lediglich die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 19 Abs. 3 MVG.EKD vorliegen. Auch wenn eine Dienststelle einer Teilnahme eines Mitarbeitervertretungsmitglieds an einer Veranstaltung im Sinne des § 19 Abs. 3 MVG.EKD widerspricht, folgt hieraus kein Verbot für das Mitarbeitervertretungsmitglied, an dieser Veranstaltung teilzunehmen. (BAG 15.03.1995 -AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 105). Die Dienststelle löst dadurch, dass sie bestreitet, es handle sich bei der Veranstaltung um eine Tagung oder um einen Lehrgang im Sinne des § 19 Abs. 3 MVG.EKD, keine Teilnahmesperre aus. Sind die Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 MVG.EKD gegeben, entfällt automatisch die Verpflichtung des Mitarbeitervertretungsmitglieds zur Arbeitsleistung; liegen sie nicht vor, bleibt die Verpflichtung bestehen. Für eine Regelungsverfügung ist insoweit kein Raum.
Da im Übrigen die Freistellung eines Mitarbeitervertretungsmitglieds von der Arbeitsleitung nicht vollstreckbar ist, kann sie auch nicht im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. Eine bloße feststellende Verfügung, die das Risiko ausschließen soll, dass die Mitarbeitervertretung die Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 MVG.EKD zu Unrecht angenommen hat, ist jedoch angesichts der Vorläufigkeit des Eilverfahrens nicht geeignet, die Rechtsunsicherheit zu beseitigen. Selbst ein Obsiegen mit dem geltend gemachten Freistellungsanspruch würde diese Rechtsunsicherheit nicht beseitigen, da sich im Hauptsacheverfahren immer noch rechtskräftig herausstellen kann, dass die Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 MVG.EKD nicht gegeben waren. An das Ergebnis im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren wäre die erkennende Schlichtungskammer im Hauptsacheverfahren auch nicht gebunden.
cc)
Schließlich können auch die ins Feld geführten finanziellen Erwägungen nicht zur Annahme eines Verfügungsgrundes führen. Auch einem etwa geltend gemachten Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses könnte nicht stattgegeben werden.
Die Schlichtungskammer geht davon aus, dass auch die Mitarbeitervertretung (Schwerbehindertenvertretung) grundsätzlich, wenn ihr Aufwendungen oder Auslagen entstehen, von der Dienststelle die Zahlung eines angemessenen Vorschusses verlangen kann. Dieser Anspruch könnte gegebenenfalls auch im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden (vgl. für das BetrVG: Fitting, aaO, § 40 RdNr 91 mit weiteren Nachweisen). Ein derartiger Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses kann aber nur dann entstehen, wenn die Kosten für die Teilnahme an einer Veranstaltung im Sinne des § 19 Abs. 3 MVG.EKD geltend gemacht werden.
Das ist im vorliegenden Verfahren aber gerade zwischen den Beteiligten höchst streitig. Allein der Umstand, dass die Mitarbeitervertretung (Schwerbehindertenvertretung) nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, um Schulungskosten vorzustrecken, kann nicht zur Annahme einer Vorschussverpflichtung durch die Dienststelle führen, wenn zwischen den Beteiligten gerade streitig ist, ob es sich um die Teilnahme an einer Tagung oder an einem Lehrgang im Sinne des § 19 Abs. 3 MVG.EKD handelt (LAG Hamm 10.05.2004 -10 TaBV 41/04-; LAG Hamm 21.05.2008 -10 TaBVGa 7/08-).
Schließlich sind im vorliegenden Verfahren auch keine ausreichende Anhaltspunkte dazu vorgetragen worden, dass die Antragstellerin selbst nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügt, um die durch ihre Teilnahme an der streitigen Veranstaltung entstehenden Kosten vorzustrecken.