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Kirchengericht:Verwaltungsgerichtshof der UEK
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:14.11.2005
Aktenzeichen:VGH 13/04
Rechtsgrundlage:BVO NRW § 3 Abs. 1
Vorinstanzen:Verwaltungskammer (VK 3/03)
Schlagworte:Beihilfe, Implantatbehandlung, Zahnärztliche Leistungen
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Die erstinstanzliche Entscheidung lässt sich online über den Link VK 3/03 aufrufen.
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Leitsatz:

Zur Notwendigkeit von Implantaten bei einer zahnärztlichen Behandlung und deren Erstattung durch die Beihilfestelle.

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil der Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen vom 17. September 2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Höhe einer Beihilfe zu Aufwendungen des Klägers für eine zahnärztliche und kieferorthopädische Behandlung.
Der Kläger begab sich im Jahr 2001 zur Sanierung seines Unterkiefergebisses mit nur noch zwei erhaltenswerten natürlichen Zähnen (einem Backenzahn, dem Zahn 35, und einem Mahlzahn, dem Zahn 37) in zahnärztliche Behandlung. Das Gebiss wurde mit einem festsitzenden Zahnersatz auf acht Implantaten und einer teleskopierenden Krone auf Zahn 35 versorgt. Dafür erhielt der Kläger drei Rechnungen über einen Gesamtbetrag von 26.228,79 DM (= 13.410,57 €).
Die Rechnung der Gemeinschaftspraxis C vom 31. Juli 2001 über 9.190,01 DM reichte der Kläger am 28. August 2001 bei der zuständigen Beihilfestelle der Beklagten ein. Mit Bescheid vom 20. September 2001 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass sie eine beihilfefähige Indikation nicht oder nicht eindeutig feststellen könne und den zuständigen Amtszahnarzt beim Gesundheitsamt um eine Stellungnahme bitten wolle. Den Erstattungsbetrag setzte sie vorerst auf Null fest.
Am 6. Juni 2002 legte der Kläger der Beihilfestelle die Rechnungen der Gemeinschaftspraxis C vom 8. November 2001 über 1.747,07 DM und des Zahnarztes Dr. D vom 21. Dezember 2001 über 15.291,71 DM zur Erstattung vor. Auch insoweit setzte die Beklagte mit Bescheid vom 25. Juni 2002 den Erstattungsbetrag auf Null fest. In den Gründen heißt es: "Mit Beihilfescheid Nr. 4 vom 20.9.2001 baten wir Sie um eine Schweigepflichtentbindung bezüglich des Belegs 1 (Arztrechnung Nr. 2318 vom 31.7.2001, Gemeinschaftspraxis C). Mit dem vorgelegten Beleg 1 werden die Kosten für 8 Implantate in Rechnung gestellt, bzw. mit Beleg 2 die Zahnprothetik auf diesen Implantaten. Da diese Implantate von uns noch nicht anerkannt wurden, können wir auch die Rechnung vom 8.11.2001 der Praxis C und die Rechnung vom 21.12.2001 des Zahnarztes D bezüglich der Implantate nicht anerkennen. Eine Kostenerstattung kann aus diesem Grund nicht erfolgen. Wir bitten Sie, uns nachzuweisen, ob eine Notwendigkeit für diese Implantate bestand. Ansonsten legen Sie uns bitte eine Rechnung Ihres Zahnarztes vor, über die entstandenen Kosten einer prothetischen Zahnbehandlung, die ohne Implantate nötig gewesen wäre."
Offenbar in Unkenntnis des Bescheides vom 25. Juni 2002 bat der Kläger am 27. Juni 2002 um eine Abschlagszahlung, die ihm die Beklagte mit Bescheid vom 2. Juli 2002 "aus Anlass Rechnungen über noch nicht anerkannte Implantate" in Höhe von 3.000 € gewährte.
Mit Schreiben vom 19. Juli 2002 reichte der Kläger unter Bezugnahme auf die Bescheide vom 20. September 2001 und 25. Juni 2002 Stellungnahmen des behandelnden Zahnarztes und des Kieferchirurgen über die Notwendigkeit der bei ihm vorgenommenen Implantatversorgung sowie einen Beihilfeantrag ein, in dem die drei Rechnungen noch einmal aufgeführt sind, und äußerte die Hoffnung, dass nunmehr einer Erstattung nichts mehr im Wege stehe.
Die nicht datierte Erklärung des Zahnarztes Dr. D hat folgenden Wortlaut: "Herr A ist mit einem festsitzenden, implantatgetragenen Zahnersatz auf 8 Implantaten und einer teleskopierenden Krone auf Zahn 35 versorgt worden. Die allein verbliebenen Zähne 35 und 37 sind zur alleinigen Verankerung eines Zahnersatzes nicht geeignet. Wegen der individuell ungünstigen anatomischen Verhältnisse im Unterkiefer mit ausgeprägter Alveolarfortsatzatrophie und hoch ansetzender Mundbodenmuskulatur war mit einer implantatgetragenen Totalprothese, die – auch für die Berufsausübung des Patienten (Pastor) – erforderliche feste Verankerung nicht zu erzielen." Der Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Gemeinschaftspraxis C (Tätigkeitsschwerpunkt: Implantologie) hat sich wie folgt geäußert: "Bei dem o.g. Patienten zeigte sich bei der klinischen und röntgenologischen Untersuchung eine ausgeprägte Parodontitis profunda generalisata. Die Unterkieferfrontzähne wiesen eine starke Lockerung auf und waren nicht erhaltenswürdig. Eine Versorgung mit herausnehmbarem Zahnersatz auf den verbleibenden Restzähnen 35 und 37 kann langfristig keinen zufrieden stellenden Halt der Prothese (Nahrungsaufnahme, Sprechen) erzielen, insbesondere im Hinblick auf den Beruf des Patienten. Es war daher für eine Versorgung mit festsitzendem Zahnersatz erforderlich, die geplanten Implantate Regio 42, 43, 44, 46, 32, 33, 34, 36 zu inserieren".
Der Amtszahnarzt beim Gesundheitsamtes des Stadt Dortmund, von dem sich der Kläger hatte begutachten lassen, widerspricht dem Inhalt der Bescheinigung des Zahnarztes Dr. D im Einzelnen und gelangt in seiner Stellungnahme vom 11. September 2002 zu einem anderen Ergebnis: "Bei Herrn A sind im Unterkiefer noch die Zähne 35 (aufgewandert regio 34) und 37 vorhanden. Gemäß Beihilfeverordnung (BVO) sind in diesem Falle Implantate nicht beihilfefähig, da weder eine Einzelzahnlücke noch eine einseitige Freiendsituation noch ein zahnloser Kiefer vorliegen. Ein festsitzender – auf acht Implantaten und einem natürlichen Zahn verankerter – Zahnersatz entspricht in keinem Fall der BVO. Zur Fixierung einer partiellen Prothese wären im vorliegenden Fall – abweichend von den Bestimmungen der BVO – drei Implantate sinnvoll gewesen."
Mit Schreiben vom 2. Oktober 2002 leitete die Beklagte dem Kläger eine Kopie des amtsärztlichen Gutachtens zu und teilte ihm mit, dass in seinem Fall die Voraussetzungen für eine Implantatbehandlung nach der Beihilfeverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen nicht vorlägen und eine Berücksichtigung der hierdurch entstandenen Kosten nicht in Betracht komme. Es bestehe jedoch die Möglichkeit, dem Kläger eine Beihilfe zu den Aufwendungen eines herkömmlichen Zahnersatzes zu gewähren, wenn eine entsprechende fachärztliche Kostenaufstellung vorgelegt werde.
Mit Bescheid vom 18. November 2002 verrechnete die Beklagte den gewährten Abschlag mit einer für andere Aufwendungen zu gewährenden Beihilfe und forderte den Restbetrag in Höhe von 2.872,43 € zurück. Dagegen legte der Kläger fristgerecht Widerspruch ein, den er mit Schreiben vom 4. Juni 2003 begründete: Er wende sich unverändert gegen die Ablehnung der Bewilligung von Beihilfe für die bereits im Jahr 2001 durchgeführte Implantatbehandlung und gegen die Verrechnung der Abschlagszahlung in Höhe von 3.000 € mit weiteren Beihilfeansprüchen. Die Implantatbehandlung sei unter Berücksichtigung seiner besonderen Kiefersituation und seines Berufs erforderlich gewesen. Die Argumentation des Amtszahnarztes, dass aufgrund der verbliebenen zwei eigenen Zähne keine Totalprothese indiziert gewesen sei, sei falsch. Unter Berücksichtigung des Umfangs der Implantatversorgung komme den übrig gebliebenen zwei Zähnen nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Tatsächlich sei von einer Totalprothese auszugehen. Entgegen der Einschätzung des Amtszahnarztes weise seine, des Klägers, Mundbodenmuskulatur auch Besonderheiten auf, welche die Implantatversorgung rechtfertigten. Die fehlerhafte Bewertung des Vorgangs durch den Amtszahnarzt sei darauf zurückzuführen, dass dieser nur eine fünf Minuten dauernde, flüchtige Untersuchung durchgeführt habe. Die fiktiven Kosten für eine Versorgung mit herkömmlichem Zahnersatz bezifferte der Kläger mit 5.776,23 €.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers gegen den "Beihilfebescheid vom 18. November 2002" mit Bescheid vom 2. Juli 2003 und der Begründung zurück, dass die Voraussetzungen der BVO für die Beihilfefähigkeit von Implantaten nicht vorlägen. Aufgrund des Befundes des Amtszahnarztes sei sie aber bereit, sich an den Kosten für drei Implantate zu beteiligen, und werde einen Betrag in Höhe von 4.519,20 € der Beihilfeabrechnung zu Grunde legen. In der Rechtsmittelbelehrung heißt es, dass gegen den Beihilfebescheid vom 2. Oktober 2002 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheides Klage erhoben werden könne.
Mit Bescheid vom 4. Juli 2003 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Beihilfe zu den Kosten für drei Implantate in Höhe von 2.259,61 € (= 50 v.H. von 4.519,20 €) und zahlte den Beihilfebetrag an den Kläger aus.
Die am 4. August 2003 eingegangene Klage mit dem Antrag,
den Bescheid der Beklagten vom 18. November 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2003 aufzuheben und dem Kläger nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen Beihilfe hinsichtlich der gemäß Rechnungen des Zahnarztes Dr. D vom 21. Dezember 2001 und des Kieferorthopäden der Gemeinschaftspraxis C vom 8. November 2001 erfolgten Zahnbehandlung zu gewähren,
hat die Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen mit Urteil vom 17. September 2004 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger werde durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt. Hinsichtlich eines Betrages von 2.259,60 € sei die Klage schon deshalb unbegründet, weil dieser Betrag inzwischen als Beihilfe gewährt worden sei. Um ihn habe sich der Rückforderungsanspruch der Beklagten verringert. Auch hinsichtlich des verbleibenden Differenzbetrages von 740,40 € sei die Klage unbegründet. Die vom Kläger benannten fiktiven Kosten für herkömmlichen Zahnersatz beliefen sich zwar auf 5.776,23 €, was bei Anerkennung der Beihilfefähigkeit zu einer Beihilfe von 2.888,12 € geführt hätte. Die Beklagte habe bei der Ermittlung des beihilfefähigen Betrages aber zu Recht Korrekturen zu Lasten des Klägers vorgenommen. Die Gewährung des Differenzbetrages als Beihilfe sei auch nicht deshalb begründet, weil die Beklagte zu Unrecht die generelle Versagung der Aufwendungen aus Implantatbehandlung abgelehnt habe. Die Beklagte habe die Versagung der Anerkennung zu Recht ausgesprochen. Nach der entsprechend anwendbaren Beihilfeverordnung für Bedienstete des Landes Nordrhein-Westfalen könnten Aufwendungen für eine Implantatversorgung einschließlich aller damit verbundenen weiteren zahnärztlichen Leistungen nur als notwendig angesehen werden zur Versorgung eines athrophischen zahnlosen Unterkiefers mit einer implantatgestützten Totalprothese, einer einseitigen Freiendlücke, wenn mindestens die Zähne acht, sieben und sechs fehlten, und einer Einzelzahnlücke, wenn die benachbarten Zähne kariesfrei, füllungsfrei und nicht überkronungsbedürftig seien. Aufwendungen für mehr als zwei Implantate pro Kiefer einschließlich vorhandener Implantate seien nur bei Einzelzahnlücken oder mit besonderer Begründung zur Fixierung von Totalprothesen beihilfefähig. Aufwendungen von mehr als vier Implantaten pro Kiefer sowie andere Versorgungen mit Implantaten seien als zahnmedizinisch nicht notwendige Leistungen von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen.
Mit ihrer Ablehnung habe die Beklagte auch nicht gegen ihre Fürsorgepflicht verstoßen. Diese verlange nicht, dass dem Beihilfeberechtigten seine krankheitsbedingten Aufwendungen lückenlos erstattet würden. Aufwendungen für nicht indizierte Behandlungen müssten selbst getragen werden. Ein medizinischer Sonderfall, der von den Beihilfevorschriften nicht erfasst werde, aber gleichwohl die Erstattungsfähigkeit der Behandlungskosten zur Folge haben müsse, sei nicht gegeben. Nach den Feststellungen des Amtszahnarztes, gegen die nichts zu erinnern sei, lägen beim Kläger weder Besonderheiten des Kiefers noch der Mundbodenmuskulatur vor.
Mit seiner Revision beanstandet der Kläger das erstinstanzliche Urteil als materiell- und verfahrensrechtlich fehlerhaft. Die Verwaltungskammer habe seinen Unterkiefer trotz der vorhandenen beiden Zähne als zahnlos ansehen müssen; denn es wäre ein Leichtes gewesen, diese Zähne zu entfernen, um die Voraussetzungen für die Erstattungsfähigkeit der Implantatbehandlung herzustellen. Die durchgeführte Implantatbehandlung sei auch die einzige Möglichkeit gewesen, die Funktionsfähigkeit des Unterkiefers dauerhaft wiederherzustellen. Ohne Implantatversorgung wäre infolge einer zu erwartenden Änderung der Kieferknochen später eine erneute zahnmedizinische Behandlung notwendig geworden. Deshalb liege ein medizinischer Sonderfall vor. Die Vorinstanz habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, dies durch einen Sachverständigen bestätigen zu lassen. Dem Zeugnis des Amtszahnarztes hätte sie sich nicht anschließen dürfen, da dem Befund nur eine äußerst oberflächliche Untersuchung zugrunde liege und zu bezweifeln sei, dass dem Amtszahnarzt die Beihilfefähigkeit einer Implantatversorgung auch unter anderen als den in der BVO genannten Voraussetzungen bekannt sei.
Die Beklagte verteidigt das vorinstanzliche Urteil und beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hält die Revision des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Da die Revision auch keine rechtsgrundsätzlichen Fragen aufwirft, weist er sie gem. § 57 Abs. 2 Satz 1 VwGG durch Beschluss zurück. Die Beteiligten sind nach § 57 Abs. 2 Satz 2 VwGG zu dieser Entscheidungsform gehört worden.
Das vorinstanzliche Urteil hält im Ergebnis der revisionsgerichtlichen Kontrolle stand. Die Verwaltungskammer hat zwar den Streitgegenstand in den Entscheidungsgründen ihres Urteils zu Unrecht auf die Anfechtung des Rückforderungsbescheides vom 18. November 2002 reduziert und das Begehren des Klägers auf Gewährung einer Beihilfe zu den Kosten für die Implantate nicht förmlich beschieden. Sie hat beiseite geschoben, dass der Klageantrag nicht nur auf die Aufhebung des Rückforderungsbescheides, sondern auch auf die Verpflichtung der Beklagten gerichtet ist, dem Kläger "Beihilfe hinsichtlich der gemäß Rechnungen des Zahnarztes Dr. D vom 21. Dezember 2001 und des Kieferorthopäden der Gemeinschaftspraxis C vom 8. November 2001 erfolgten Zahnbehandlung zu gewähren". Nicht gestritten wird lediglich um die Beihilfefähigkeit der Rechnung des Kieferorthopäden der Gemeinschaftspraxis C vom 31. Juli 2001. Dies mag darauf beruhen, dass dem Kläger mit Bescheid vom 4. Juli 2003 eine Beihilfe in Höhe von 2.259,61 € gewährt worden ist und der Kläger annimmt, dieser Betrag entspreche (in etwa) dem beihilfefähigen Betrag aus der Rechnung vom 31. Juli 2001. Unschädlich ist, dass der Kläger nicht die Aufhebung des Versagungsbescheides vom 2. Oktober 2002 beantragt hat, soweit der Bescheid seinem Verpflichtungsbegehren entgegensteht. Dem bei Verpflichtungsklagen üblichen Aufhebungsbegehren kommt neben dem Verpflichtungsbegehren keine eigene prozessuale Bedeutung zu (BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1976 – BVerwG 4 C 80.74 – BVerwGE 51, 15 <23>).
Auf das Ergebnis wirkt sich der Mangel des erstinstanzlichen Urteils aber nicht aus. Da der Kläger weder einen Anspruch auf eine höhere Beihilfe als 2.259,61 € hat noch den zurückgeforderten Vorschuss behalten darf, ist die Klage zu Recht abgewiesen worden.
Die Beihilfefähigkeit der Kosten für die dem Kläger eingesetzten Implantate richtet sich nach § 3 Abs. 1 der entsprechend anwendbaren Beihilfeverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen. Danach sind die notwendigen und angemessenen Aufwendungen in Krankheitsfällen zur Wiedererlangung der Gesundheit beihilfefähig. Die bei Durchführung der Implantatbehandlung maßgeblichen Ausführungsbestimmungen sahen unter der (inzwischen gestrichenen) Randnummer 5.5 vor, dass Aufwendungen von mehr als vier Implantaten pro Kiefer einschließlich vorhandener Implantate als zahnmedizinisch nicht notwendige Leistungen von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind. Danach fallen von den fünf noch streitigen Implantaten vier von vornherein aus der Beihilfefähigkeit heraus. Die Kosten für das vierte Implantat werden von den damaligen Ausführungsbestimmungen ebenfalls nicht erfasst. Aufwendungen für mehr als zwei Implantate pro Kiefer einschließlich vorhandener Implantate waren nur bei Einzelzahnlücken oder mit besonderer Begründung zur Fixierung von Totalprothesen beihilfefähig. Vorliegend diente das vierte Implantat weder der Schließung einer Einzelzahnlücke noch der Befestigung einer Totalprothese, weil diese einen zahnlosen Kiefer voraussetzt. Zahnlos war der Kiefer des Klägers nicht, weil noch ein Backenzahn und ein Mahlzahn übrig geblieben waren und jedenfalls der Backenzahn nach der Stellungnahme des Amtszahnarztes zur Befestigung einer Teilprothese geeignet war.
Die Verwaltungsvorschriften sind für die Gerichte freilich nicht bindend. Was notwendig und angemessen i.S.d. § 3 Abs. 1 BVO ist, haben sie zu entscheiden. Der Verwaltungsgerichtshof hat keinen Zweifel daran, dass vier und mehr Implantate zur Verankerung für eine – herausnehmbare – Prothese grundsätzlich nicht notwendig und angemessen sind. Nr. 5.5 der VV stimmt mit der Regelung in § 6 Abs. 1 Satz 1 der Beihilfeverordnung des Bundes i.V.m. Satz 2 Nr. 4 der Anlage 2 überein. Diese geht davon aus, dass nach einer Abhandlung "Konsensus-Konferenz zur Implantologie" in den Zahnärztlichen Mitteilungen 1990, 481, 484, die Standardversorgung durch eine Totalprothese mit zwei Implantaten möglich ist (Mildenberger, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, 6. Aufl., Stand Oktober 2004, § 6, Anm. 5 zu Absatz 1 Nr. 1, S. 68.8 a). Erst recht muss dies gelten, wenn noch ein natürlicher Zahn als "Brückenpfeiler" zur Verfügung steht.
Nur im Ausnahmefall kann es geboten sein, mehr als zwei Implantate einzusetzen. Der Amtszahnarzt hält beim Kläger drei Implantate für sinnvoll (zwei auf der rechten Seite, eins zusätzlich zum vorhandenen Zahn 35 auf der linken Seite), an deren Kosten sich die Beklagte auch beteiligt hat; der Kläger hält unter Bezugnahme auf seine behandelnden Fachärzte alle acht Implantate für erforderlich. Die Verwaltungskammer hat sich die Stellungnahme des Amtszahnarztes zu Eigen gemacht und drei Implantate zur Gewährleistung eines festen Sitzes des Zahnersatzes für ausreichend erachtet. Hieran ist der Verwaltungsgerichtshof nach § 52 Abs. 3 VwGG gebunden, weil die Verfahrensrüge des Klägers nicht durchgreift.
Ein Tatsachengericht kann sich grundsätzlich ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auf eine gutachterliche Stellungnahme stützen, die eine Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. März 1992 – BVerwG 4 B 39.92 – NVwZ 1993, 268, m.w.N.). Dies gilt besonders, wenn in einer gesundheitlichen Fragestellung die gutachterliche Stellungnahme von einem Amtsarzt stammt; denn dieser hat von seiner Aufgabenstellung her seine Feststellungen nur unter medizinischen Gesichtspunkten wahrheitsgemäß und unparteiisch zu treffen. Seine Neutralität und Unabhängigkeit verleihen seiner Beurteilung regelmäßig ein höheres Gewicht als derjenigen eines Privatarztes, der den amtsärztlichen Bindungen nicht unterliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2000 – BVerwG 1 DB 9.00 –; stRspr).
Das Votum eines Amtsarztes ist allerdings nicht verbindlich. Es befreit das Tatsachengericht nicht davon, sein Ermessen zu der Frage zu betätigen, ob zusätzliche Sachverständigengutachten oder gutachterliche Stellungnahmen einzuholen sind (§ 71 VwGG i.V.m. § 98 VwGO, §§ 404, 412 ZPO). Ermessensfehlerhaft ist der Verzicht auf die Einholung eines weiteren Gutachtens oder einer weiteren gutachterlichen Stellungnahme, wenn – erstens – das herangezogene Gutachten unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen nicht überzeugend ist, wenn – zweitens – das Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn – drittens – der Sachverständige erkennbar nicht über die notwendige Sachkunde verfügt oder Zweifel an seiner Unparteilichkeit bestehen, wenn – viertens – sich durch neuen entscheidungserheblichen Sachvortrag der Beteiligten oder durch eigene Ermittlungstätigkeit des Gerichts die Bedeutung der vom Sachverständigen zu klärenden Fragen verändert, wenn – fünftens – ein anderer Sachverständiger über neue oder überlegenere Forschungsmittel oder über größere Erfahrung verfügt oder wenn – sechstens – das Beweisergebnis durch substanziierten Vortrag eines Beteiligten, gegenteilige Privatgutachten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 1992 – BVerwG 4 B 1-11.92 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89, stRspr). Der Kläger zeigt nicht auf, dass der Verwaltungskammer einer dieser Ermessensfehler unterlaufen ist. Namentlich wird der von der Verwaltungskammer übernommene Befund des Amtszahnarztes, bei der intraoralen Untersuchung des Klägers seien keine Besonderheiten der Mundbodenmuskulatur zu erkennen gewesen, die eine Kontraindikation für einen herausnehmbaren Zahnersatz darstellten, nicht durch den Hinweis auf eine nur flüchtige Untersuchung ernstlich in Frage gestellt. Der Hinweis ist unsubstanziiert. Der Kläger beschreibt weder den Verlauf der Untersuchung noch liefert er Anhaltspunkte für diagnostische Defizite. Allein aus der behaupteten geringen Dauer der Untersuchung lässt sich nicht ableiten, dass das Untersuchungsergebnis fehlerhaft ist. Welcher zeitliche Aufwand für eine Untersuchung erforderlich ist, hängt vom Untersuchungsgegenstand ab. Mindestzeiten gibt es nicht.
Der in der Revisionsinstanz gestellte Beweisantrag des Klägers ist unbeachtlich, weil der Verwaltungsgerichtshof keine eigenen Feststellungen zum Sachverhalt treffen darf.
Nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte die vom Kläger geltend gemachten fiktiven kosten für herkömmlichen Zahnersatz auf 4.519,20 € reduziert hat. Insoweit wird auf die Ausführungen der Verwaltungskammer (Urteil S. 5) verwiesen, gegen die die Revision keine Einwände erhoben hat.
Den Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 18. November 2002 hat die Verwaltungskammer zutreffend als rechtmäßig bestätigt. Da die Beklagte die Beihilfe zu den Kosten für die Implantatbehandlung an den Kläger ausgezahlt und nicht von dem gewährten Vorschuss in Höhe von 3.000 € abgezogen hat, muss der Kläger den Vorschuss zurückzahlen, soweit dieser nicht mit anderen Beihilfeansprüchen verrechnet worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 3 VwGG.