.
Erläuterungen zu Art. 78
Leitungsfeld 9 Recht und Organisation (Dr. Conring/Berg)
Stand: 21.03.2025
###Allgemeines
#Art. 78 KO regelt, dass die Presbyterien pfarramtlich verbundener Kirchengemeinden für gemeinsame Angelegenheiten zu einer gemeinsam beschließenden Versammlung (gbV) zusammentreten. Die oder der Vorsitzende soll in der ersten Sitzung bestimmt werden und bis dahin wird der Vorsitz von der oder dem dienstältesten Vorsitzenden wahrgenommen, wenn das LKA ihn nicht der oder dem Superintendenten überträgt.
Art. 78 KO legt keine Modalitäten der Beschlussfassung fest, eröffnet aber die Möglichkeit, dass jedes Presbyterium – auf Antrag eines oder beider oder aller betroffenen Presbyterien vom KSV „gestattet“ – nur eine bestimmte Zahl von Mitgliedern abordnet (Art. 78 Abs. 3 KO). Damit wäre eine gleichmäßige Beschlusskraft durch die Abordnung der gleichen Anzahl von Presbyterinnen gewährleistet und ein zufälliger Größenunterschied im Presbyterium der verbundenen Kirchengemeinden wäre nicht mehr zahlenmäßig wirksam.
Eine Satzungsregelung für die gbV ist nicht möglich, weil Satzungen nur für Körperschaften (KG, KK, Verband) erlassen werden können. Denkbar ist aber eine Einigung auf Beschlussmodalitäten. Die gbV kann nach getrennter Beratung in den beteiligten Presbyterien sich beschlussweise auf Beschlussmodalitäten einigen. Darin wäre sowohl die Festlegung einer Sperrminorität, einer qualifizierten Mehrheit (die größer ist als das größte beteiligte Presbyterium alleine) oder einer gesonderten Zustimmung jedes Presbyteriums für sich möglich. Eine solche beschlussweise Festlegung müsste zugleich die Möglichkeit der Änderung der so festgelegten Beschlussmodalitäten benennen.
Im Fall der Pfarrwahl ist § 11 PfarrstellenbesetzungsG zu beachten. Nach § 11 ist als Pfarrer*in gewählt, wer „mehr als die Hälfte der Stimmen des verfassungsmäßigen Mitgliederbestandes des Presbyteriums“ erhält. Die Wahlvorschriften – hier insbesondere § 11 – dürfen weder in der Variante „Beschlussmodalitäten“, noch in der Variante „78 Abs. 3 KO“ verletzt sein. Wenn eine Pfarrstelle nur in einer Kirchengemeinde verortet ist, muss dieses Presbyterium die Wahl vornehmen.
Bsp. 1: Im Fall der gbV mit Beschlussmodalität: jedes Presbyterium wählt für sich und nur wenn beide denselben wählen ist dieser Pfarrer auf die gemeinsame Pfarrstelle gewählt. Presbyterium A = 13 Personen, Presbyterium B = 9 Personen. Jedes Presbyterium wählt nach gemeinsamer Beratung eigenständig und nur wenn beide Voten positiv sind, ist Pfarrer X gewählt. Pfarrer X braucht also in Presbyterium A 7 Stimmen und im Presbyterium B 5 Stimmen.
Bsp. 2: Im Fall der gbV in der verringerten Präsenzvariante wegen Art. 78 III KO muss angenommen werden, dass eben diese Zahl dem verfassungsmäßigen Bestand (vgl. § 11 PfarrstellenbesetzungsG) entspricht. Presbyterium A = 13 Personen, Presbyterium B = 9 Personen, beide entsenden 6 Presbyter in die gbV (6, weil das die Mindestzahl nach Art. 40 KO für die entsprechende Gemeindegröße wäre). Jetzt könnte Pfarrer X mit 6+1 Stimme gewählt werden.
#