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Geltungszeitraum von: 01.07.2023
Geltungszeitraum bis: 31.12.2023
Erläuterungen zu Artikel 154 Kirchenordnung
Leitungsfeld 9 Recht und Organisation (Dr. Conring/Berg/Huget)
Stand: 01.07.2022
###Allgemeines
Artikel 154 KO ist in der Kirchenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 1999 erstmalig mit dem 66. Kirchengesetz zur Änderung der Kirchenordnung der EKvW geändert worden.
Der Entwurf eines 66. Kirchengesetzes zur Änderung der Kirchenordnung der EKvW (KO) und der Entwurf eines Kirchengesetzes zur Anpassung der Verwaltungsorganisation in der EKvW sind zusammen beraten worden.
Die Kirchenordnungsänderung (66. Kirchengesetz zur Änderung der Kirchenordnung) betrifft die Artikel 104, 154 und 155 KO. Das Gesetz zur Anpassung der Verwaltungsorganisation in der EKvW umfasst als Mantelgesetz das neue Verwaltungsorganisationsgesetz (VwOrgG) sowie Änderungen am Verbandsgesetz (VerbG). Die Gesetze nehmen unter anderem die notwendigen rechtlichen Anpassungen im Zusammenhang mit § 2b Umsatzsteuergesetz (UstG) vor, damit Mehrbelastungen durch die Umsatzsteuer im Bereich der Ausgaben vermieden werden, die ansonsten die Kirchensteuerverteilung an die Kirchengemeinden und Kirchenkreise schmälern würden. Die bisherige Übergangsregelung zu § 2b UStG in § 27 Absatz 22 UStG wurde kürzlich bis zum 31. Dezember 2022 verlängert (§ 27 Abs. 22a UStG).
Die Änderungen in Artikel 154 und 155 KO bezwecken eine Präzisierung des Begriffes „Landeskirchenamt“. Hintergrund ist, dass unter „Landeskirchenamt“ einerseits das „Kollegium“ und andererseits die „landeskirchliche Verwaltung“ verstanden wird. Durch die Änderung findet eine sprachliche Abgrenzung statt zwischen dem Organ „Kollegium des Landeskirchenamtes“ (Artikel 154 Absatz 1 KO) und der „Verwaltung der Landeskirche“ in Artikel 154 Absatz 2 Satz 2 KO.
Folgendes Dokument steht zur Verfügung:
Änderung der Kirchenordnung – 66. KO-Änderungsgesetz – zentrale Verwaltungen – und Verwaltungsorganisationsgesetz (Landessynode 2020)
##Absatz 1 – Kollegium des Landeskirchenamtes (Landeskirchenamt)
In der Praxis wurde immer wieder angefragt, ob mit dem in Artikel 154 aufgeführten Begriff „Landeskirchenamt“ das Kollegium Landeskirchenamt, das Landeskirchenamt als Verwaltung oder beides zugleich gemeint ist.
Zur Klarstellung erfolgt in Absatz 1 durch das 66. Kirchengesetz zur Änderung der Kirchenordnung der EKvW jetzt eine Präzisierung mit den Worten „Kollegium des Landeskirchenamtes“. Das „Kollegium des Landeskirchenamtes“ ist das Organ (Absatz 1), und die landeskirchliche Verwaltung ist die zentrale Verwaltungsstelle (Absatz 2 Satz 2). Dort, wo von „Mitgliedern des Landeskirchenamtes“ oder „Vorsitz des Landeskirchenamtes“ gesprochen wird, bedarf es keiner Änderung. Satz 2 hat den vormaligen Absatz 3 aufgenommen. Eine inhaltliche Änderung ist nicht erfolgt.
Der durch das 73. Kirchengesetzes zur Änderung der Kirchenordnung neu eingefügte Satz 3 erlaubt es, nicht mehr ausschließlich in Präsenzform zu tagen, sondern die Sitzungen auch als Telefon- oder Videokonferenz oder in einer Kombination durchzuführen. Dadurch wurde der Regelungsgehalt des früheren § 10 Pandemie-Gesetz nun dauerhaft in die Kirchenordnung übernommen.
Die Präsenzformen der leiblichen Anwesenheit, der Videokonferenz und der Telefonkonferenz sind kombinierbar und sollen nach den örtlichen Gegebenheiten mit dem Ziel einer möglichst weitgehenden Beteiligung genutzt werden. Wichtig ist, dass die Sitzungen weiterhin nicht öffentlich sind, alle Beteiligten deshalb ihre akustische und optische Teilnahme persönlich und ohne Dritte gestalten.
Beschlüsse, die in Video-/Telefon-Konferenzen gefasst und protokolliert werden, gelten, als ob es eine Sitzung mit physischer Präsenz gewesen wäre. Die Beschlüsse gelten dann direkt, genau wie in einer Sitzung mit physischer Anwesenheit.
#Absatz 1a – Umlaufverfahren
Der durch das 73. Kirchengesetzes zur Änderung der Kirchenordnung neu eingefügte Abs. 1a ist angelehnt an den früheren § 10 Abs. 1 des früheren Pandemie-Gesetzes und C 3.1 des außer Kraft getretenen Verbindliche Verabredung „praktischer Konsens“ zur Erhaltung der Handlungsfähigkeit kirchenleitender Organe im Jahr 2020 vom 8. April 2020, die befristet für den Zeitraum vom 15.04.2020 bis 31. Dezember 2020 galt. Damit sind Umlaufbeschlüsse rechtens. Das Wort „Textform“ bedeutet im Sinne des § 126b BGB die einfachste Form einer schriftlichen Erklärung ohne eigenhändige Unterschrift oder qualifizierte elektronische Signatur (vgl. Palandt § 126b BGB, 80. Aufl. (2021) Rn. 3ff.). Damit kann eine Abstimmung auch durch E-Mail, Fax oder SMS erfolgen. Voraussetzung für das Umlaufverfahren ist es, dass mehr als zwei Drittel des verfassungsmäßigen Mitgliederbestandes dem Umlaufverfahren zustimmen. Der verfassungsmäßige Mitgliederbestand ergibt sich aus Artikel 155 KO.
Ein Umlaufbeschluss muss, damit er rechtswirksam werden kann, einige Mindestanforderungen erfüllen. Zum Einen ist zu prüfen, ob Widerspruch gegen das „Ausnahmeverfahren zur Beschlussfassung“ geltend gemacht wurde und zum Anderen wie das Abstimmungsergebnis lautet. Bei Umlaufbeschlüssen müssen an die Mitglieder daher immer zwei Fragen gestellt werden, ob sie grundsätzlich dem Umlaufbeschlussverfahren zustimmen und ob sie der Beschlussvorlage inhaltlich zustimmen können.
Die Zahl der stimmberechtigten Mitglieder eines Leitungsorgans ist maßgebend dafür, um feststellen zu können, ob die Mitglieder des Leitungsorgans grundsätzlich im Blick auf die Vornahme des schriftlichen Abstimmungsverfahrens befragt und dem auch mit Zwei-Drittel-Mehrheit zugestimmt haben. Der Widerspruch von mehr als zwei Drittel des verfassungsmäßigen Mitgliederbestandes führt dazu, dass das Umlaufbeschlussverfahren gescheitet ist; der Tagesordnungspunkt wäre im Rahmen der nächsten regulären Sitzung des Leitungsorgans zu behandeln ist.
#Absatz 2 – Aufgabe, Einrichtung einer zentralen Verwaltungsstelle (Verwaltung der Landeskirche)
Durch das 66. Kirchengesetz zur Änderung der Kirchenordnung der EKvW wurden Änderungen am Absatz 2 vorgenommen.
An der allgemeinen Aufgabenstellung des Kollegiums des Landeskirchenamtes wurden keine Änderungen vorgenommen. Anstelle der nicht vollständigen Aufzählung der Rechtsnormen wird jetzt allgemein auf die „kirchliche Ordnung“ verwiesen, die alle Rechtsbestimmungen umfasst.
Die Leitung der Landeskirche erfolgt im Auftrag der Landessynode durch das Organ „Kirchenleitung“ (Artikel 142 KO). Deren Weisungen und Regelungen sind vom Organ „Kollegium des Landeskirchenamtes“ zu befolgen. Der Hinweis auf die „Richtlinienkompetenz“ der Kirchenleitung kann entfallen, da Absatz 1 das Weisungsrecht der Kirchenleitung explizit umfasst und der bisherige Absatz 4 (neu Absatz 3) der Kirchenleitung eine Ermächtigung gibt, über Verordnungen das Nähere zu regeln. Mit dem Klammerzusatz „Landeskirchenamt“ erübrigt es sich, die Bestimmungen der Kirchenordnung zu ändern, in denen dem Landeskirchenamt bestimmte Kompetenzen und Aufgaben zugewiesen werden (z. B. Genehmigungen, Ausnahmeregelungen, Beschwerden, Teilnahmerechte). Gemeint ist hier immer das Kollegium Landeskirchenamt. Weiteres regeln die Dienstordnung für das Landeskirchenamt (Nr. 90 im FIS-Kirchenrecht) sowie die Geschäftsordnung für das Landeskirchenamt. Es ist eine Delegation von Entscheidungen für bestimmte Aufgaben auf die Dezernentinnen und Dezernenten vorgesehen. Die Verwaltungsaufgaben werden von der landeskirchlichen Verwaltung wahrgenommen.
Durch Satz 2 wird klargestellt, dass eine zentrale Verwaltungsstelleeingerichtet ist, damit das Kollegium des Landeskirchenamtes in die Lage versetzt wird, seine Aufgaben erledigen zu können. In dem Verwaltungsorganisationsgesetz werden die Verwaltungsstellen der kirchlichen Körperschaften (insbesondere Gemeindebüro, Kreiskirchenamt, Verwaltung des Landeskirchenamtes) näher beschrieben. Es ist daher sinnvoll, in der Verfassung die zentrale Verwaltungsstelle (Verwaltung der Landeskirche) aufzunehmen. Für die Ebene der Kirchenkreise regelt Artikel 104 Absatz 2 KO die Einrichtung von zentralen Verwaltungsstellen (Kreiskirchenämter).
##Historie: Zusammenkünfte während der Coronapandemie
Das Gesetz zur Erhaltung der Handlungsfähigkeit der kirchlichen Leitungsorgane während der COVID-19-Pandemie (Pandemie-Gesetz) vom 19. November 2020 führt die Regelungen des praktischen Konsenses fort. Somit sind weiterhin Telefon- und/oder Videokonferenzen ausnahmsweise, soweit erforderlich, möglich. Die Präsenzformen der leiblichen Anwesenheit, der Videokonferenz und der Telefonkonferenz sind kombinierbar und sollen nach den örtlichen Gegebenheiten mit dem Ziel einer möglichst weitgehenden Beteiligung genutzt werden.
Das Pandemie-Gesetz galt zunächst befristet bis zum 30. Juni 2021. Als Rechtsgrundlage für das Pandemie-Gesetz dient der neue Artikel 139a Absatz 3 Kirchenordnung, der ebenfalls von der Landessynode 2020 beschlossen worden war (68. Kirchengesetz zur Änderung der Kirchenordnung der Evangelischen Kirche von Westfalen vom 19. November 2020 (KABl. 2020 I Nr. 93 S. 236).
Die Landessynode hatte im November 2021 eine weitere Verlängerung des Pandemie-Gesetzes bis zum 30. Juni 2022 beschlossen (Zweites Kirchengesetz zur Erhaltung der Handlungsfähigkeit der kirchlichen Leitungsorgane während der COVID-19-Pandemie vom 13. November 2021). Im Anschluss daran wurde auf Grund der sehr positiven Erfahrungen mit den flexiblen Arbeitsmöglichkeiten, die das Pandemie-Gesetz für die kirchlichen Leitungsgremien zugelassen hatte, eine Änderung der Kirchenordnung vorgenommen, die die Regelungen des Pandemie-Gesetzes dauerhaft übernommen hat. Dies ist in Form des 73. Kirchengesetzes zur Änderung der Kirchenordnung umgesetzt worden.
#Allgemeine Erläuterungen zur Kirchenordnung – Dokumentenübersicht – Gesetzgebungsverfahren
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